: Titus Müller
: Der den Sturm stillt Begegnungen mit Jesus. Erzählungen.
: Gerth Medien
: 9783961221417
: 1
: CHF 8.10
:
: Anthologien
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wir glauben, Jesus zu kennen. Aber ist uns die Brisanz der Dinge, die er vor zweitausend Jahren gesagt und getan hat, wirklich bewusst? Die Bibel berichtet nur knapp, und wir übersehen beim Lesen häufig, wie umwälzend, unfassbar und großartig die Begebenheiten waren, die geschildert werden. Titus Müller hat die Hintergründe recherchiert und sich in die Situationen hineingedacht. Er erzählt sie emotional packend, und es fühlt sich an, als wären wir live dabei. Kommen Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit, und entdecken Sie, was es beispielsweise für einen römischen Hauptmann bedeutete, das Legionslager zu verlassen, zu Jesus zu gehen und ihn zu bitten, seinen Diener zu heilen. Oder wie es bei der Volksmenge ankam, dass Jesus einen Zöllner am Zollhaus ansprach und ihn einlud, sein Jünger zu werden. Lassen Sie sich ganz neu von der Aktualität und Großartigkeit der biblischen Geschichten berühren.

Titus Müller studierte in Berlin Literatur, Mittelalterliche Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Mit 21 Jahren gründete er die Literaturzeitschrift 'Federwelt'. Seine Ratgeber und historischen Romane begeistern viele Leser. Titus Müller ist Mitglied des PEN-Club und wurde u.a. mit dem 'C. S. Lewis-Preis' und dem 'Sir Walter Scott-Preis' ausgezeichnet.

Bel-Assars Töchter schliefen. Die Nacht gehörte ihm. Draußen rauschten beruhigend die Pistazienbäume. Er nahm die Sternenkarten aus der Truhe und legte sie auf den Tisch. Im unsteten Schein der Öllampen schienen sie zu leben: Schatten huschten zwischen den Gestirnen hin und her. Bel-Assar hob behutsam die astronomischen Geräte von ihrem Platz im Regal und stellte sie neben die Karten – seine Dioptra, sein Astrolabium zum Messen der Winkel am Himmel, sein Gnomon zum Messen der Äquinoktialschatten. Er liebte es, von ihnen umgeben zu sein.

Eine Zwergohreule sang ihrGuu-djü-djüt. Bel-Assar sah durch die Fensteröffnung nach draußen. Der Halbmond leuchtete hell und das Blauschwarz des Himmels war übersät von Sternen. Wer hatte diese Schönheit geschaffen? Wer hatte den Planeten ihre Bahnen gewiesen? Und warum blieben sie beständig in Bewegung? Die verlässliche Ordnung der Gestirne erstaunte ihn immer wieder.

Er konnte nur beobachten. Er konnte Tabellen anlegen und die Position des Mondes, der Sonne und der Planeten zu verschiedenen Zeitpunkten notieren. Er konnte ihre Zugbahnen berechnen. Aber er verstand nicht, woher sie kamen und wer sie lenkte.

Was hieß es schon, Sterndeuter zu sein? Die Leute oben in der Festung bewunderten sein Können, er rechnete ihnen den Erdumfang aus, indem er Winkel und Schattenwürfe maß, er prophezeite ihnen, wie das nächste Jahr werden würde, ihre Ernte, ihre Kinderzahl. Aber er verstand nicht, welches Wesen hinter alldem stand. Er war dreiundfünfzig Jahre alt, und er hatte immer noch nicht gefunden, wonach er Nacht für Nacht suchte. Jemand hatte seine Spuren hinterlassen. Wo war diese Gottheit jetzt? Oder war jeder Stern ein Gott und gemeinsam lenkten sie die Geschicke der Menschen?

Ein warmer Schauer zog über Bel-Assars Haut. Er spürte, da war jemand im Raum. Jemand sah ihm zu. Mit angehaltenem Atem blickte er sich um. Da war nichts. Oder doch? Licht strömte plötzlich durch die Luft, weißes Licht, blaues und rotes. Es umfloss eine Gestalt. Sie nahm feste Form an. Ein Mann in blendend weißen Gewändern sagte: „Hab keine Angst.“ Seine Brauen und sein Haar funkelten wie Diamanten.

Bel-Assar brachte kein Wort über die Lippen. Er konnte nicht mehr atmen vor Entsetzen.

Der Mann aus Licht machte einen Schritt auf ihn zu. Es ging Wärme von ihm aus wie von einem Feuer, Bel-Assar spürte sie auf den Wangen.

Endlich gelang es ihm, einen raschen Atemzug zu nehmen. Er keuchte: „Bist du ein Stern?“

„Die Sterne leben nicht. Sie lenken auch nicht die Geschicke der Menschen.“

„Dann habe ich mein Leben an einen Irrweg verschwendet?“ Bel-Assar sah sich nach seinen Notizen mit den Prognosen für das nächste Jahr um.

Der Man