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Mist!« Judith rieb sich das Knie und ließ eine Reihe kreativer Flüche folgen. Dann wandte sie sich Aputi, ihrem Malamuten zu, über den sie eben gestolpert war.
»Was hast du überhaupt hier zu suchen?«, stöhnte sie. »Du gehörst auf deine Decke in den Flur und nicht vor mein Bett! Raus!«
Doch ihr Hund blinzelte nur schläfrig, reckte sich und gähnte herzhaft, ehe er wieder die Augen schloss. Er drehte sich auf den Rücken, und Judith konnte nicht anders, als ihn am Bauch zu kraulen. Malamuten gelten als »Erzähler«, und Aputi machte seiner Rasse alle Ehre und äußerte sich lauthals wohlig.
Aber es war Zeit, aufzustehen. Judith humpelte hinüber zum Schrank, nicht ohne sich ein wenig selbst zu bemitleiden. Musste dieser Hund auch immer da herumliegen, wo sie gerade langwollte?
Leise grummelnd suchte sie sich Sachen für den Tag heraus. So wie er begonnen hatte, mussten es heute ihre Lieblingsjeans sein und der dunkelblaue Kaschmirpullover, den sie sich im letzten Schlussverkauf gegönnt hatte. Schon in deutlich besserer Stimmung strich sie über die feine Wolle. Als sie zurück zum Bett ging, um Aputi noch eine kleine Streicheleinheit zu geben, merkte sie, dass der Schmerz im Knie bereits nachgelassen hatte.
»Da hast du aber Glück gehabt, mein Lieber.« Sie hockte sich neben den mächtigen Hund, der einem Bettvorleger gleich auf dem Teppich lag, und kraulte ihm den Bauch, was ihn wieder glücklich winseln ließ. »Sieht ganz so aus, als ginge es dir gut. Aber jetzt ist es genug, ich muss langsam in die Gänge kommen. Frühstück.«
Das war Aputis Stichwort. Sofort sprang er auf und eilte ihr voran in die Küche.
»Esther!«, rief Judith, als sie an der Zimmertür ihrer Tochter vorbeikam. »Aufstehen!«
In der Küche stolzierte bereits Coonibert, ihr Maine-Coon-Kater, über die Arbeitsplatte und maunzte.
»Ja, es gibt gleich was.« Sie füllte einen Napf für Aputi, einen anderen für Coonibert und setzte für sich selbst die Kaffeemaschine in Gang. Dann machte sie sich auf die Suche nach Penelope, der Katze.
»Esther, du sollst aufstehen!«
Nichts rührte sich. Judith blieb stehen. Langsam wurde sie sauer. »ESTHER!«
»Warum musstest du mir bloß diesen grauenhaften Namen geben?«, schmollte Esther, als sie die Tür verschlafen öffnete.
»Ich wünsche dir auch einen guten Morgen.«
Ihre Tochter schlurfte an Judith vorbei, streichelte Aputi, der seinen Napf bereits geleert hatte, und verschwand im Bad. Krachend fiel die Tür ins Schloss.
Judith zuckte zusammen. »Beeil dich bitte. Ich muss da auch noch rein.«
»Warum hast du mich dann nicht länger schlafen lassen und bist zuerst gegangen?« Kurz darauf erklang laute Musik aus dem Bad und machte jede weitere Kommunikation unmöglich.
Ihre vierzehnjährige Tochter war wirklich ein Engel. Leider nur, wenn sie bei anderen zu Besuch war oder schlief. Ansonsten war sie ein Puber-Tier. Seit Neuestem wollte sie auch nicht mehr mit einem Kuss geweckt werden. Es reicht, wenn du mich rufst, hatte sie gesagt und dabei einen Blick aufgesetzt, den sie vor dem Spiegel geübt haben musste.
Judith zuckte gleichmütig mit den Schultern und machte sich erneut auf die Suche nach ihrer Katze. Aber wo sie auch schaute, sie war nicht zu finden.
Glücklicherweise war Samira da ganz anders. Die alte Perserkatze ihrer Freundin Katharina lag wie gewohnt auf Judiths Schreibtisch. Schon als sie zum ersten Mal bei ihr in Pflege gewesen war, hatte ihn Samira zu ihrem persönlichen Revier erklärt.
»Guten Morgen«, sagte Judith. »Keine Lust auf Frühstück?«
Sie kraulte die Katze hinter den Ohren, woraufhin diese prompt zu schnurren begann.
»Ich muss jetzt leider gleich los, aber heute Abend habe ich einiges aufzuarbeiten, dann kannst du mir noch nach Herzenslust im Weg herumliegen.«
Judith eilte zurück in die Küche.
»Das ist für Penelope und das andere für Samira«, ermahnte sie