: Andreas Winkelmann
: Die Lieferung Hamburg-Thriller
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644404823
: Kerner und Oswald
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der neue Thriller von Bestsellerautor Andreas Winkelmann: Seit Wochen hat Viola das Gefühl, verfolgt zu werden. Es ist, als klebe ein Schatten an ihr - immer, wenn sie sich umdreht, ist er verschwunden. Bildet sie sich das nur ein? Ihre Freundin ist die einzige, die ihr glaubt. Doch dann meldet sie sich plötzlich nicht mehr. Viola bleibt jetzt abends lieber zu Hause. Zum Glück gibt es ja Netflix und den Lieferdienst. Die Pizza, die er bringt, wird für immer unangetastet bleiben... Der Hamburger Polizeikommissar Jens Kerner hat einen merkwürdigen Fall auf dem Tisch: Eine bleiche, verstörte und vollkommen unterernährte Frau wurde in den Harburger Bergen aufgegriffen. Als er sie verhören will, stirbt sie. Gemeinsam mit seiner Kollegin Rebecca kommt er einem Täter auf die Spur, der so perfide ist, dass es alle Vorstellungen übersteigt. Als die beiden begreifen, mit wem sie es da zu tun haben, ist es schon fast zu spät...

In seiner Kindheit und Jugend verschlang Andreas Winkelmann die unheimlichen Geschichten von John Sinclair und Stephen King. Dabei erwachte in ihm der unbändige Wunsch, selbst zu schreiben und andere Menschen in Angst zu versetzen. Heute zählen seine Thriller zu den härtesten und meistgelesenen im deutschsprachigen Raum. In seinen Büchern gelingt es ihm, seine Leserinnen und Leser von der ersten Zeile an in die Handlung hineinzuziehen, um sie dann, gemeinsam mit seinen Figuren in ein düsteres Labyrinth zu stürzen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Die Geschichten sind stets nah an den Lebenswelten seines Publikums angesiedelt und werden in einer klaren, schnörkellosen Sprache erschreckend realistisch erzählt. Der Ort, an dem sie entstehen, könnte ein Schauplatz aus einem seiner Romane sein: der Dachboden eines vierhundert Jahre alten Hauses am Waldesrand in der Nähe von Bremen.

3


«Ich hab sie aus den Augen verloren!»

Jens Kerner stand mit dem Handy am Ohr da und drehte sich im Kreis. Um ihn herum war nur dunkler Wald. Kiefern, Fichten, hin und wieder Buchen, Ahorn und Eichen. Selbst jetzt, mitten in der Nacht, roch es nach Zunder, denn seit Wochen fehlte der Regen, und die ungewöhnlich große Hitze dieses Jahrhundertsommers trocknete die Böden aus.

Jens presste sie auch noch die letzte Feuchtigkeit aus den Poren. Er war verschwitzt und klebrig nach seinem eiligen Marsch durch den dichten Wald der Harburger Berge. Die Forstwege und Trampelpfade bildeten hier ein verschlungenes Netz, dem sein Orientierungssinn in der Dunkelheit nicht gewachsen war. Man konnte nicht sagen, er habe sich verlaufen, immerhin wusste er noch, in welcher Richtung es zurück zu seinem Wagen ging, aber dennoch war die letzte halbe Stunde mehr ein Umherirren als eine strukturierte Suche gewesen.

Shirt und Jeans klebten an seinem Körper, Nadeln in seinem Haar, das Handy an seiner Wange, damit er den Kontakt zu Regina Hesse nicht verlor.

Mittlerweile waren zwölf Polizisten unterwegs in den Harburger Bergen auf der Suche nach dieser ominösen Weißen Frau, aber Regina Hesse war immer noch die Einzige, die sie gesehen hatte und an ihr dran war – bis eben. Und jetzt hatte sie sie auch aus den Augen verloren.

Diese Jägerin war cool, fand Jens. Klare, knappe Sätze, keine Panik, dabei lief sie allein durch den Wald. Jens hatte bisher nur ein verschwommenes Foto von der geisterhaften Frau gesehen, das die Jägerin ihm auf sein Handy gesendet hatte.

Gruselig sah das aus. Ohne diesen Schnappschuss hätte Jens angenommen, Regina Hesse hätte einen an der Waffel und führte die Polizei mit ihrer angeblichen Geistersichtung an der Nase herum.

Aber es war eindeutig eine Frau und kein Geist, die durch das hohe Gras auf die Jägerin zugekommen war. So bleich und ausgezehrt wie eine perfekt geschminkte Figur aus einem Hollywood-Horrorstreifen. Dazu noch nackt und beinahe kahlköpfig. Die Jägerin hatte ihm den Zusammenprall zwar ruhig und sachlich geschildert, doch Jens konnte sich vorstellen, wie viel Angst sie gehabt haben musste. Es stand nicht fest, ob die Frau gefährlich war, immerhin hatte sie die Jägerin nicht wirklich angegriffen, sondern nur aus dem Weg geschubst – Vorsicht war dennoch geboten.

«Können Sie etwas hören?», fragte Jens nach.

«Nein, nichts. Sie muss aber weiterhin in Ihre Richtung unterwegs sein. Leider hält sie sich nicht an die Wege und läuft immer wieder durchs Unterholz.»

«Okay, ich warte hier. Rufen Sie bitte wieder an, wenn Sie die Frau sehen. Und kein Risiko eingehen!»

«Ist gut.»

Umgehend rief Jens seinen Kollegen Rolf Hagenah an, der ebenfalls an der Suche beteiligt war. Er streifte nördlich von Jens durch den Wald. Hagenah hatte mit vier Beamten so etwas wie eine Kette gebildet, eine weitere grenzte den Bereich nach Süden ein, rechts und links von Jens hielten sich die restlichen vier Kollegen und Kolleginnen bereit