: Karl May
: Am Jenseits Karl May´s Gesammelte Werke Band 25
: Karl-May-Verlag
: 9783780217257
: 1
: CHF 5.70
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: Erzählende Literatur
: German
: 448
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Auf einer Reise durch die arabische Wüste stoßen Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar auf einen geheimnisvollen blinden Seher. Das Buch markiert den Übergang von der romantischen Erzählung zu Mays Spätwerk. Besonders eindrucksvoll sind die Visionen vom Jüngsten Gericht gestaltet. Fortsetzung in Band 50.
10. Todesnähe (S. 339-340)

Nun waren wir allein und für den heutigen Tag wahrscheinlich sicher. Da machten es sich unsere Leute bequem. Der Platz und seine Umgebung wurden auf das Genaueste durchforscht und die hiesigen Verhältnisse ebenso ausgiebig im Gespräch durchgenommen. Der Vormittag verlief vollends, ohne dass etwas Erwähnenswertes geschah, ebenso ein großer Teil des Nachmittags. Dann aber bekamen wir am Brunnen Besuch, nämlich zwei Be- duinen, die auf Eilkamelen aus westlicher Richtung erschienen und, als sie den Brunnen besetzt sahen, von Weitem halten blieben. Sie beobachteten uns eine Weile und kamen dann näher.

Der Umstand, dass Soldaten bei uns waren, mochte ihr Misstrauen zerstreut haben. Als sie uns erreicht hatten, stiegen sie nicht sogleich ab.„Hidschdschâdsch!“, sagte der eine von ihnen. Dieses Wort ist die Mehrzahl von Hadschi und sollte so viel heißen wie:„Wir sind Mekkapilger.“ Es gibt nämlich eine Vorschrift, nach der man gegen jeden Pilger, während er unterwegs ist, Frieden halten muss, selbst wenn er einem feindlichen Stamm angehört. Doch sind es gerade die Pilgerzüge, die sich vor den räuberischen Beduinen am meisten in Acht nehmen müssen.

Dass diese beiden Männer hier Hidschdschâdsch seien, glaubten wir nicht, sie legten sich diese Eigenschaft nur bei, um von uns nicht feindlich aufgenommen zu werden. Halef antwortete:„Seid uns willkommen und steigt getrost ab! Wir haben Platz und auch Wasser für euch.“„Wer seid ihr?“„Ich bin Hadschi Halef Omar, der Scheik der Haddedihn vom Stamm der Schammar.“„Und diese Asaker?“„Sie sind in der hiesigen Gegend gewesen, um einen Flüchtling einzufangen, und kehren nun nach Meschhed Ali zurück. Und welchem Stamm gehört ihr an?“

„Wir sind Scherarat von der Ferka Fawwâl und haben nicht die Absicht, lange hier zu verweilen. Erlaubt uns nur, unsere Kamele zu tränken, dann reiten wir wieder fort.“ Das musste auffallen. Wenn die Reiter friedliche Pilger waren, so blieben sie hier, denn der nächste Brunnen war eine Tagesreise entfernt und als Wallfahrer treibt man sich nicht des Nachts in einem unbekannten Abschnitt der Wüste herum. Ich erteilte Halef die leise Aufforderung, seinen Leuten und den Soldaten den Befehl zu geben, sich nicht etwa ausfragen zu lassen. Er tat es so, dass die Fremden es nicht bemerkten. Die Pilger hatten besondere Blicke für unsere Pferde und für das getüpfelte Hedschîn des Persers. Die Art, wie sie diese Tiere nur verstohlen, aber mit gieriger Bewunderung betrachteten und einander dann ansahen, fiel mir und Halef auf.
INHALT4
1. Nach Mekka6
2. Der blinde Münedschi57
3. Der Perser101
4. Scheik Tawil136
5. Der Schatz der Glieder165
6. Das Gespenst208
7. Die Waage der Gerechtigkeit231
8. Verhandlungen272
9. Waffengänge299
10. Todesnähe340
11. Die Sterbestunde382
12. „Die Wüste richtet zwischen uns!“420