: Ina Haller
: Verschwunden im Aargau
: Emons Verlag
: 9783960419730
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 272
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wenn Hass zur tödlichen Obsession wird. Beim jährlichen Bärzelitreiben in Hallwil kommt es zu einer Messerattacke mit tödlichem Ausgang. Einziger Verdächtiger: Andrinas Mann Enrico. Doch Andrina hat einen anderen Verdacht. Die Zeugenaussagen könnten genauso gut auf Enricos Halbbruder Marco Feller zutreffen, Ermittler bei der Aargauer Kantonspolizei. Was hat ihn zu dieser Tat getrieben, und warum decken ihn seine Kollegen? Als Marco wenig später spurlos verschwindet, macht sich Andrina auf die Suche - nach ihm und nach der Wahrheit.

Ina Haller lebt mit ihrer Familie im Kanton Aargau, Schweiz. Nach dem Abitur studierte sie Geologie. Seit der Geburt ihrer drei Kinder ist sie »Vollzeit-Familienmanagerin« und Autorin. Zu ihrem Repertoire gehören Kriminalromane sowie Kurz- und Kindergeschichten. www.inahaller.ch www.facebook.com/autorininaha ler www.instagram.com/ina.haller. utorin/

EINS


«Vielen Dank, dass ihr gekommen seid», sagte Erika Fäs und reichte nacheinander Andrina und Enrico die Hand.

«Das ist das Mindeste, das wir tun können», erwiderte Enrico.

«Du musst dir keine Vorwürfe machen. Du kannst gar nichts dafür.» Erika ging vor Rebecca in die Hocke und drückte ihre Hand. Das fast zweijährige Mädchen strahlte sie an. «Eure Tochter ist ein Goldschatz», sagte Erika.

Sie blieb in der Tür stehen und schaute ihnen nach, als sie zur Strasse gingen. Dort angekommen, drehte Andrina sich um und blickte auf die in Schwarz gekleidete, zerbrechlich wirkende Gestalt.

«Sie sieht einsam aus», sagte Andrina und schloss den Reissverschluss ihrer Winterjacke.

Aus dem wolkenverhangenen Himmel hatte es zu nieseln angefangen, und die Bise hatte aufgefrischt. Enrico stellte den Kragen seiner Jacke auf. Als gebürtiger Süditaliener hatte er sich nie an den Aargauer Winter gewöhnen können, wie er mehrfach betont hatte.

«Ich mache mir Vorwürfe», sagte Enrico und nahm Rebecca auf den Arm. «Ich hätte merken müssen, dass etwas nicht stimmt.»

Seit jenem Dienstag eine Woche vor Weihnachten stellte er sich regelmässig die gleiche Frage, ob er Erikas Mann nicht hätte ansehen müssen, dass es ihm nicht gut ging. Alfred hatte Enricos Büro verlassen, dann war er zusammengebrochen und innert kurzer Zeit einem Herzinfarkt erlegen.

Obwohl Enrico keine Schuld traf, fühlte er sich für den Tod verantwortlich. Er war die letzte Person, die mit Alfred kurz vor dessen Zusammenbruch gesprochen hatte.

Der Achtundfünfzigjährige hinterliess eine Frau und zwei erwachsene Kinder, die im Ausland lebten. Die Beerdigung hatte vor Weihnachten stattgefunden. Am Stephanstag mussten Erikas Kinder und deren Familien abreisen. Erika hatte somit Silvester allein verbracht, was Enrico keine Ruhe gelassen hatte. Daher hatten sie ihr am heutigen zweiten Januar spontan einen Besuch abgestattet.

Sie winkten Erika ein letztes Mal zu und gingen weiter zum Auto, das Enrico in einiger Entfernung von dem Haus, in dem Erika wohnte, geparkt hatte.

«Erika tut –» Bevor Andrina den Satz beenden konnte, wurde sie von hinten gepackt. Sie stiess einen erstickten Schrei aus. Holzgeruch stieg in ihre Nase. Andrina wurde losgelassen und gleich erneut gepackt. Dornen stachen in ihr Gesicht und kratzten über ihre Haut. Gejohle drang gedämpft zu ihr vor. Andrina hörte Rebeccas Aufschrei.

«Es guets Nois!», rief eine Männerstimme dicht neben ihrem Ohr.

Andrina wurde losgelassen. Sie schaute in eine graue Maske mit einer Fratze. Die Gestalt schüttelte ihr Gewand, das aus Stechpalmenblättern bestand, und wandte sich ab. Eine Gruppe von Frauen und Männern lief ihr lachend nach. Andere Gestalten in Kostümen aus Tannenästen und aus Stroh folgten. Die Stechpalmengestalt hatte eine andere Frau gefasst, die ebenfalls aufschrie. Die Kostümierten umarmten weitere Männer und Frauen. Die Gruppe tanzte ausgelassen. Gelächter und Pfiffe waren zu hören.

Andri