: Klaus-Peter Wolf
: Ostfriesenblut Kriminalroman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104000855
: Ann Kathrin Klaasen ermittelt
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieser Mörder will spielen: Ann Kathrin Klaasens zweiter Fall Ann Kathrin sah es schon von weitem. Vor ihrer Haustür lag etwas, das aussah wie ein Sack. Ein Leichensack! Für einen winzigen Moment hoffte Ann Kathrin, dass sich jemand einen dummen Scherz erlaubt hatte. Doch dann sah sie die Wangenknochen einer Frau. Einer toten Frau. Die Tote, Regina Orth, ist keines natürlichen Todes gestorben, obwohl im Totenschein 'Tod durch Herzversagen' angegeben wurde. Doch noch während Kommissarin Ann Kathrin Klaasen im Umfeld der Toten ermittelt, erhält sie Hinweise auf das nächste Opfer des Mörders. Der Mörder spielt ein Spiel, dessen Regeln die ostfriesische Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen noch nicht kennt - der zweite Fall in der beispiellosen Erfolgsserie von Nummer-1-Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf.

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

Der Bildausschnitt stimmte hier nicht. Das machte ihn rasend. Er konnte Schlampigkeit nicht leiden. Schon gar nicht bei sich selbst, da war er gnadenlos. Er sah nur einen Teil vom Doppelbett, darin lagen sie aber nicht.

Er würde noch einmal einsteigen müssen, um die Kamera im Schlafzimmer neu zu justieren. Er hatte sie fast unsichtbar im Koffer auf dem Schlafzimmerschrank angebracht. Sie würde das Ding höchstens bei ihrem nächsten Urlaub bemerken oder wenn sie eine Reise plante. Aber so bald würde es für sie keinen Urlaub geben. Dafür sorgte er schon.

Wussten sie, dass er ihnen zusah? Machten sie sich einen Spaß daraus, ihn zum Narren zu halten? War das da das Knie von Ann Kathrin oder von Weller?

Er knirschte mit den Zähnen. Das Geräusch tat gut. So spürte er sich wenigstens. Er hatte das früher oft getan, wenn er gar nicht mehr weiterwusste und kaum noch eine Gegenwehr möglich war. Dann blieb ihm wenigstens noch das Knirschen mit den Zähnen.

Einige hatten es nachts im Schlaf getan, wenn die Albträume sie plagten. Aber er machte es am Tag, ganz bewusst, setzte es ein wie eine Waffe.

Was muss ich tun, um ihr genauso nah zu sein wie dieser Depp, dachte er.

Komisch, er hatte sie gar nicht für so primitiv gehalten. Dass sie an solcher Bettgymnastik Spaß fand, konnte er sich gar nicht vorstellen. Hatte er sie doch falsch eingeschätzt? War sie nicht die Richtige?

ImOstfriesischen Kurier hatte sich das alles ganz anders gelesen, so als sei sie eine kluge, gebildete Frau.Sie kennt sich aus mit den Abgründen der menschlichen Seele hatte Holger Bloem geschrieben. War sie jetzt selbst zur animalischen Seite übergelaufen? Hatte diese tierische Gier sie übermannt? Nur fressen und ficken? Wo war die feinsinnige, gebildete Frau geblieben?

Er stellte sich vor, dass sie allein wohnte und ihren Mann rausgeschmissen hatte, weil sie nicht mehr diese lächerlichen Verrenkungen im Bett mit ihm machen wollte. Dieses Gelutsche und Gewürge, dieser Austausch von Körperflüssigkeiten, dieses alberne Herumgerammle machte ihn rasend. Es enttäuschte ihn schwer, sie so zu sehen. Er wollte nicht, dass sie auch dazugehörte.

Vielleicht, dachte er, rutscht jemand irgendwann zur dunklen Seite herüber, wenn er sich zu lange damit beschäftigt. Vielleicht musste er sie wieder zum Licht ziehen. Sollte er ihr Erzieher werden?

Hör endlich auf, dachte er. Schau dir endlich an, was im Laptop auf dich wartet. Tu deine Arbeit, statt hier mit dem Typen rumzumachen!

 

Später holte Weller die Weinflasche ins Schlafzimmer, weil sie ihre Gläser leergetrunken hatten. Sie lagen nebeneinander. Inzwischen waren sie nackt und erzählten sich von ihren sexuellen Katastrophen. All die kleinen Niederlagen und Kränkungen wurden plötzlich zu einem Riesenwitz. Jeder versuchte, den anderen zu übertreffen, und wusste noch ein peinlicheres Erlebnis zu berichten.

Er erzählte von seinem ersten Mal, als er es vor Nervosität nicht schaffte, sich das Gummi überzuziehen, und als seine Freundin ihm half, löste sie damit aus, was eigentlich erst zum Ende ihres Liebesspiels geschehen sollte und nicht gleich zu Anfang.

»Das ist noch gar nichts«, lachte Ann Kathrin. »Hero hat mal … « Plötzlich hielt sie inne. Etwas war falsch gelaufen. Sie hatte eine unausgesprochene Regel gebrochen. Das hier ging nicht. Sie hatte einen Namen genannt. Sie sprachen über ihre eigenen Niederlagen und Missgeschicke. Dies hier bekam einen anderen Beigeschmack. Da sollte jemand vorgeführt werden.

Sie wusste sofort, dass es falsch war. Wenn sie jetzt über Hero herzog, wer garantierte Weller dann, dass sie nicht demnächst so über ihn sprechen würde? Nein, damit musste man sorgfältiger umgehen. Sie brach ihren Satz ab, suchte nach einem Ausweg. Weil ihr zunächst keiner einfiel, nahm sie einen Schluck Wein, dann sagte sie: »Ach, ist ja auch egal, den Typ wollte ich sowieso vergessen.«

Dann gingen beide in die Küche, entkorkten noch eine Flasche Wein und putzten und