Kapitel 1
UNBEKANNT: Bleibt es bei unserem Treffen morgen?
Ich blicke auf mein Handy und runzle die Stirn. Die Nummer kenne ich überhaupt nicht.
Dann begreife ich: Liam hat seine Mobilnummer gewechselt … wieder einmal. Und hat vergessen, mich zu informieren … wieder einmal.
Brüder – ein einziger Spaß!
ICH: Ja. Welche Uhrzeit noch mal?
Ich werfe das Handy auf das Kissen neben mir und denke zurück an unser Gespräch von Mittwoch. Ich hätte schwören können, dass Liam halb drei gesagt hat, weil er ja am anderen Ende der Stadt wäre und es von dort unmöglich bis zwei Uhr schaffen könnte. Vielleicht hat er es sich anders überlegt? Egal. Ich liebe den gemeinsamen Lunch mit meinem Bruder alle zwei Wochen.
»Bist du bald so weit, Babe?«
Eine unwirsche Erwiderung dringt durch die Badezimmertür. Ich möchte reagieren, genauso unwirsch antworten, aber wozu?
»Was soll‘s«, murmele ich, drehe mich auf die Seite und knipse das Licht aus.
Ich beobachte, wie der Zeiger der Uhr auf dem Nachttisch die Sekunden abarbeitet. Zehn Minuten später kommt Caleb auf Zehenspitzen aus dem Badezimmer und setzt sich auf die Bettkante. Dort sitzt er händereibend für weitere zwei Minuten. Schließlich legt er sich neben mich.
Er sagt kein Wort und ich auch nicht.
Wir sind an dem Punkt in unserer Beziehung angelangt – ihr wisst schon, an dem Punkt, wo das Zusammensein schwieriger ist als das Getrenntsein. Um ehrlich zu sein, wir leben so jetzt schon über einen Monat nebeneinander her. Caleb ist meistens recht kurz angebunden und ich selbst bin auch nicht gerade ein Ausbund an Freundlichkeit. Seit Wochen hatten wir keinen Sex mehr. Nichts in unserer Beziehung fühlt sich noch an wie eine Beziehung. Wir warten einfach ab, bis wir es nicht mehr aushalten.
Ich jedenfalls halte es nicht mehr aus.
»Caleb?«
»Was?« Es klingt, als ob er schon genug von dem Gespräch hätte, bevor es überhaupt begonnen hat.
Ein weiteres Zeichen dafür, dass ich im Begriff bin, die richtige Frage zu stellen.
»Was machen wir hier überhaupt?«
Er seufzt und ich merke, dass er sich mit der Hand übers Gesicht fährt. »Ich weiß es nicht mehr genau, Delia.«
»Sollen wir …« Ich befeuchte meine Lippen und atme hörbar aus. »Sollen wir Schluss machen?«
Caleb dreht sich zu mir um. Wie im Reflex strecke ich die Hand aus, um die Locke zur Seite zu schieben, die ihm immer ins Gesicht fällt. Er packt meine Hand und hält sie fest. Ich erwidere seinen Blick. Seine dunklen blauen Augen wirken traurig, als hätte er schon geahnt, dass es so kommen würde.
Ich weiß, was er sagen wird, bevor er es ausspricht.
»Ich glaub schon.«
Caleb nimmt mich in die Arme, als mir die Tränen kommen.
Ich bin traurig und das sollte mich eigentlich nicht überraschen. Wir sind jetzt seit sechs Monaten zusammen – ganz schön lange für eine College-Beziehung – und, nun ja, ich habe mich an Caleb gewöhnt … an seine Hände, seinen Geruch, sein Lächeln. Ich werde ihn ve