1. Kapitel
Sie war eine Frau mit einer Mission. Ihr Entschluss, von West Virginia nach New York umzuziehen, hatte eine Menge wohldurchdachter Gründe. Dort würde sie den idealen Ort zum Leben finden, beruflichen Erfolg und ihren Traummann.
Bevorzugt, aber nicht zwingend in genau dieser Reihenfolge.
Frederica Kimball hielt sich für eine flexible Frau.
Während sie im Zwielicht des frühen Frühlingsabends den Bürgersteig an der East Side hinunterschlenderte, dachte sie an daheim. Das Haus in Shepherdstown, West Virginia, mit den Geschwistern und Eltern war Freddies Meinung nach ein ideales Zuhause. Weiträumig, voller Musik und Leben.
Es war kaum anzunehmen, dass sie es je geschafft hätte, von dort wegzugehen, wenn sie nicht die Gewissheit gehabt hätte, jederzeit wieder mit offenen Armen aufgenommen zu werden.
Obwohl sie schon oft in New York gewesen war und in dieser Stadt auch über zahlreiche Bindungen verfügte, hatte sie doch stets ihre vertraute Umgebung vermisst, denn hier war ihr eigenes Zimmer im ersten Stock des alten Steinhauses, die Liebe und Kameradschaft ihrer Geschwister, die Musik ihres Vaters, das Lachen ihrer Mutter.
Doch nun war sie kein Kind mehr. Sie war mittlerweile vierundzwanzig und sollte eigentlich schon längst auf eigenen Beinen stehen.
Auf jeden Fall fühlte sie sich durchaus zu Hause in Manhattan. Schließlich hatte sie dort ihre ersten Lebensjahre verbracht. Und danach war sie oft zu Besuch hier gewesen – allerdings immer mit ihrer Familie, wie sie einräumen musste.
Nun, diesmal ist es anders. Du bist jetzt auf dich allein gestellt, dachte sie und straffte die Schultern. Und sie hatte etwas zu tun. Als Allererstes würde sie Nicholas LeBeck überzeugen müssen, dass er eine Partnerin brauchte.
Sein Erfolg und der Ruf, den er sich in den vergangenen Jahren als Komponist erworben hatte, würden noch wachsen, wenn sie ihm erst als Texterin zur Seite stand. Sie brauchte nur die Augen zu schließen, dann konnte sie bereits die Namen LeBeck/Kimball in Leuchtschrift vor sich sehen, während die Musik, die sie zusammen schreiben würden, auf sie einströmte.
Jetzt musst du nur noch erreichen, dass Nick dasselbe sieht und hört, dachte sie mit einem selbstironischen Lächeln.
Sie konnte, falls nötig, die Familie einspannen, um ihn zu überzeugen. Nick und sie waren angeheiratete Cousins.
Und am Ende ihrer Mission würde Nick sie genauso leidenschaftlich lieben wie sie ihn. Wie sie ihn schon immer geliebt hatte.
Sie hatte zehn Jahre auf ihn gewartet, und das war lange genug.
Es wird höchste Zeit, Nick, dacht