: Ewe Benbenek, Ruth Johanna Benrath, Wolfram Lotz, Leo Meier, Milena Michalek, Ferdinand Schmalz
: Friederike Emmerling, Oliver Franke, Stefanie von Lieven, Barbara Neu, Bettina Walther
: Dramatische Rundschau 04
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104916569
: Dramatische Rundschau
: 1
: CHF 18.00
:
: Dramatik
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wenn Sisters stolzieren, Mütter verwirren, Politiker irren, Fußballer flirren, Manifeste offenbaren und Hilden Gefahren - bekämpfen!, dann feiert die Dramatische Rundschau 04 ein rauschendes Fest zwischen zwei Buchdeckeln. Mit Theaterstücken von Ewe Benbenek, Ruth Johanna Benrath, Wolfram Lotz, Leo Meier, Milena Michalek, Ferdinand Schmalz und Illustrationen von Johanna Benz. Dramatische Rundschau 04: Ewe Benbenek: Tragödienbastard / Ruth Johanna Benrath: im wald (da sind) / Wolfram Lotz: Die Politiker / Leo Meier: zwei herren von real madrid / Milena Michalek: Das hier / Ferdinand Schmalz: hildensaga

Wolfram Lotz, geboren 1981 in Hamburg, wuchs im Schwarzwald auf. Er studierte Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft in Konstanz und Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2011 gewann er mit DER GROSSE MARSCH u.a. den Kleistförderpreis und den Publikumspreis des Berliner Stückemarktes. In der Kritikerumfrage von Theater heute wurde er zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt. Nach dem Erfolg von EINIGE NACHRICHTEN AN DAS ALL erhielt er 2012 den Dramatikerpreis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft und 2013 den Kasseler Förderpreis für Komische Literatur. DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS wurde 2015 zum Berliner Theatertreffen und zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Im selben Jahr erhielt Wolfram Lotz den Nestroypreis für das Beste Stück und wurde in der Kritikerumfrage von Theater heute zum Dramatiker des Jahres gewählt.

B

Also. Jetzt. Anfangen.

C

Anfangen, oder?

A

Puhhhh,

aiaiaiaiai,

B

Okay …

Los,

los jetzt.

A

Warum muss das so schwer sein?

Warum muss das immer wieder so schwer sein?

Warum muss sich das immer wieder so schwer anfühlen?

C

Ist doch einfach jetzt.

Ist doch jetzt der Raum da, hier wurde doch der Raum gegeben. Jetzt sind auch schon die Lichter an, verdammt.

B

Also los!

Los jetzt! Es muss doch hier jetzt losgehen.

A

Warum kann es sich nicht leicht anfühlen?

Warum kann es sich, verdammt nochmal, nicht leicht anfühlen, es zu sprechen, es auszusprechen, das Wort, das erste Wort. Das erste Wort, das Gewicht hat, das eine Rolle spielt, diese Worte, um die es hier doch gehen soll.

C

O Gott, was?

Ja, was, wenn es nicht kommt?

Was, wenn es wieder und wieder nicht kommt? Das Wort.

A

Das erste Wort ist das Wichtigste, oder? Ist doch so.

B

Was, wenn es nicht durchkommt, das Wort, was, wenn das erste Wort schon nicht durchkommt,

C

Ja, wenn das erste Wort schon so gar nicht einschlägt,

B

dann hast du doch eh schon verloren, oder?

A

Ja, aber wie? Wie kann es kommen? Wie kann das Erste von einer kommen, die als Letzte gekommen ist? Wie kann es von einer kommen, nach der keine mehr gekommen ist und nach der wohl keine mehr kommen wird?

B

Ja, da wird wohl keine mehr kommen. Schade.

A

Ja, schade, genau. Das tut weh, das tut so verdammt weh, ich weiß gar nicht, ob ihr euch das vorstellen könnt. Aber da ist halt keine mehr drin, weil es nicht drin ist, weil es für eine wie mich einfach nicht drin ist. Ich weiß, ich weiß, an der Oberfläche sieht es so aus, als wäre hier noch eine drin gewesen. Ich hätte es auch gewollt, aber ist einfach nicht drin, da ist einfach keine mehr drin, weil es unter diesen ganzen Bedingungen einfach nicht drin ist, für so eine wie mich, wenn ich mich nicht nur abschuften will die ganze Zeit. Also bin ich es. Bin ich es? Bin ich hier das Ende? Immer und immer wieder, immer und immer wieder, die Letzte? Muss es denn so sein? Ist es denn so? Warum muss ich es sein, die es machen muss,

B

die hier immer und immer wieder den Anfang machen muss.

A

Eine muss es ja tun.

C

Eine muss ja damit anfangen.

A

Wieder und wieder

B

Immer wieder,

immer wieder dasselbe Ritual. Wenn sie sagt:

»Wiesz co, wiesz, w tedy, w tedy bylo cos takiego cos to sie nazywalo Ausweis. Wiesz Ausweis, to sie tak nazywalo.«

Ich stehe vor der Tür, und ich gehe hinein, und ich stehe vor der nächsten Tür, vor der Tür zu ihrer Wohnung, die mal die Wohnung war, in der ich gelebt habe,

mit ihr,

in dieser Wohnung da, die da auf dem Dorf ist,

in dem heute fünfzig Menschen leben,

in dieser Gegend da, dieser bergigen,

tam gdzie jest snieszka,

in diesem Dorf da,

als ich mit ihr dort lebte,

mit dir,

bis wir,

nicht du und ich,

sondern wir,

ich und sie,

ich und die Eltern,

meine Eltern,

bis wir dann eines Tages gegangen sind,

n