: Karin Fossum
: Böser Wille Roman
: Piper Verlag
: 9783492984195
: 1
: CHF 6.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die norwegische Bestsellerautorin Karin Fossum lotet auch in diesem Fall die Abgründe der menschlichen Psyche aus Drei Freunde, Jon, Axel und Philip, machen einen Wochenendausflug ins Gebirge. Doch nur zwei kehren zurück. Während einer Bootsfahrt im Waldsee fällt Jon ins Wasser - und ertrinkt. In Panik überredet Axel Philip, die Polizei erst am nächsten Morgen zu informieren. Jon sei nachts alleine losgezogen und nicht zurückgekehrt, behaupten sie. Doch Jons Leichnam wird schon bald aus dem See gefischt. Und kurze Zeit später taucht in einem anderen Waldsee eine weitere Leiche auf: Kim, ein junger Vietnamese. Und der ist nicht ertrunken. Kommissar Sejer und seine Kollegen ermitteln - besteht ein Zusammenhang zwischen den beiden Toten?

Karin Fossum, geboren 1954 in Sandefjord/Norwegen, lebt in Sylling bei Oslo. Ihre international erfolgreichen Romane um Kommissar Konrad Sejer sind vielfach preisgekrönt und wurden fürs Kino und Fernsehen verfilmt. In Deutschland erschienen von ihr unter anderem »Stumme Schreie«, ausgezeichnet mit dem Los Angeles Times Book Award 2008, »Dunkler Schlaf«, »Schwarze Sekunden«, von der Schwedischen Akademie mit dem Preis des besten ausländischen Kriminalromans ausgezeichnet, und zuletzt »Wer anders liebt« und »Böser Wille«.

DER SEE, DEN sie Totensee nannten, lag wie ein Brunnen zwischen steilen Berghängen, und wenn man hineinwatete, versank man bis zu den Knien in dem modrigen Schlamm. Am Ufer stand, zum Teil von Tannen verdeckt, eine Blockhütte. Axel Frimann lehnte sich gegen den Fensterrahmen und sah hinaus. Es war der 13. September, Mitternacht, und der Mond warf sein blauweißes Licht über das Wasser, es hatte etwas Magisches. Jeden Moment, dachte Axel, könnte der Wassergeist Nöck aus der Tiefe aufsteigen. Kaum hatte er das gedacht, da schien das Wasser sich zu bewegen, ein leichtes Kräuseln, als würde gleich etwas an der Oberfläche erscheinen. Aber mehr passierte nicht, und ein Lächeln, das niemand sah, huschte über Axels Gesicht. Er schlug den anderen vor, eine Runde mit dem Boot rauszufahren. Habt ihr dieses Licht gesehen?, fragte er, das ist der glatte Wahnsinn.

Philip Reilly war in ein Buch vertieft. Er warf seine langen Haare nach hinten.

»Ja, warum nicht!«, sagte er. »Eine Runde über den See. Was meinst du, Jon?«

Jon Moreno war in den Anblick des Kaminfeuers vertieft. Die Flammen wärmten sein Gesicht und machten ihn benommen. In der Hand hielt er eine Packung Antidepressiva, alle vier Stunden presste er eine Pille aus der Folie und steckte sie sich in den Mund.

Ob er mit aufs Wasser hinauswollte?

Er sah Axel und Reilly an. Irgendetwas stimmt mit ihren Augen nicht, sie weichen mir aus, dachte er, aber ich bin ja auch nicht ganz ich selbst, ich bin krank und bekomme Medikamente, ganz ruhig bleiben, das sind meine Freunde, die wollen nur mein Bestes. Aber er wollte nicht auf den See, nicht mitten in der Nacht, nicht in diesem kalten Mondlicht. Er traute sich selbst nicht über den Weg. Hier am Kamin fühlte er sich sicher, in den vier Holzwänden, zusammen mit guten Freunden, denn Freunde waren sie doch? Er versuchte, Reilly in die Augen zu sehen, aber Reilly war aufgestanden, er machte sich an etwas in einem Regal zu schaffen.

»Es ist wichtig, dass du in Bewegung bleibst«, sagte Axel. »Die Angst wird nur schlimmer, wenn du still sitzt. Du musst das Blut durch den Körper jagen und Sauerstoff in alle Zellen bringen lassen, also komm jetzt.«

Jon wollte sie nicht enttäuschen, schließlich machten sie das hier alles für ihn, sie wollten ihm Abwechslung bieten, denn das hatte er im Krankenhaus nicht gerade. Im Gegenteil, nur lange, ereignislose Tage, eine nicht enden wollende Wanderung durch die Gänge. Jetzt lächelten sie ihm aufmunternd zu, Axel mit seinen dunklen Augen, Reilly mit seinen grauen. Deshalb erhob er sich mühsam aus dem Sessel und steckte zugleich die Medikamente in die Tasche, ohne sie ging er keinen Schritt. Er griff nach seinem Handy auf dem Tisch, legte es dann aber wieder zurück. Die Angst summte in seinem Körper wie elektrischer Strom, irgendwo sitzt ein Teufel und drückt auf einen Schalter, dachte er, an und aus, an und aus, bis ich sitzen bleibe und nach Luft schnappe.

»Zieh die Jacke an«, sagte Axel. »Es ist kühl.«

Jon suchte seine Jacke, er wusste nicht mehr, wohin er sie gelegt hatte, Axel half und kam damit auf ihn zu. Reilly blies eine Petroleumlampe aus, und jäh senkte sich die Dunkelheit über die drei Männer. Jon fiel auf die Knie, um seine Stiefel zuzuschnüren. Zuerst einen Knoten und eine Schleife, dann noch einen Knoten. Axel und Reilly warteten.

»Was ist mit dem Kamin?«, fragte Jon.

»Wir bleib