: Toni Waidacher
: Liebe, die der Himmel schenkt Der Bergpfarrer 390 - Heimatroman
: Martin Kelter Verlag
: 9783989360075
: Der Bergpfarrer
: 1
: CHF 2.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Wo steckt denn bloß der Tobias?« fragte der Brandtnerbauer ungehalten und sah auf die Uhr. »Schon nach sechs, und der Bursche ist immer noch net aufgestanden.« Maria Brandtner, seine Frau, zuckte die Schultern. »Andrea, schau doch mal nach, was da los ist«, sagte sie zu ihrer Tochter. »Das kennt man doch gar net von ihm. Hoffentlich ist er net krank. Gestern abend hat er gar net gut ausgesehen, und über Bauchschmerzen hat er auch geklagt. Die dreiundzwanzigjährige Bauerntochter stellte die Kaffeekanne auf den Tisch. Sie nickte. »Hast recht, Mutter, der Tobias ist sonst die Pünktlichkeit in Person. Da stimmt was net.« Sie verließ die Küche, eilte durch die Diele zur Haustür und überquerte rasch den Hof. Rechts vom Bauernhaus lag das Gesindehaus. Früher hatte es mehr, als nur einen Knecht gegeben, da hatten zuweilen bis zu acht Knechte und Mägde auf dem Hof gearbeitet. Doch im Laufe der Jahre war vieles anders geworden. Jetzt war nur noch der alte Tobias übriggeblieben, der schon seit mehr als vierzig Jahren auf dem Brandtnerhof lebte. Der Vater des jetzigen Bauern hatte ihn noch damals eingestellt. Daran dachte die hübsche, dunkelhaarige Andrea aber nicht, als sie an die Tür zur Kammer klopfte, die der Knecht bewohnte.

»Wo steckt denn bloß der Tobias?« fragte der Brandtnerbauer ungehalten und sah auf die Uhr. »Schon nach sechs, und der Bursche ist immer noch net aufgestanden.«

Maria Brandtner, seine Frau, zuckte die Schultern.

»Andrea, schau doch mal nach, was da los ist«, sagte sie zu ihrer Tochter. »Das kennt man doch gar net von ihm. Hoffentlich ist er net krank. Gestern abend hat er gar net gut ausgesehen, und über Bauchschmerzen hat er auch geklagt.

Die dreiundzwanzigjährige Bauerntochter stellte die Kaffeekanne auf den Tisch. Sie nickte.

»Hast recht, Mutter, der Tobias ist sonst die Pünktlichkeit in Person. Da stimmt was net.«

Sie verließ die Küche, eilte durch die Diele zur Haustür und überquerte rasch den Hof. Rechts vom Bauernhaus lag das Gesindehaus. Früher hatte es mehr, als nur einen Knecht gegeben, da hatten zuweilen bis zu acht Knechte und Mägde auf dem Hof gearbeitet. Doch im Laufe der Jahre war vieles anders geworden. Jetzt war nur noch der alte Tobias übriggeblieben, der schon seit mehr als vierzig Jahren auf dem Brandtnerhof lebte. Der Vater des jetzigen Bauern hatte ihn noch damals eingestellt.

Daran dachte die hübsche, dunkelhaarige Andrea aber nicht, als sie an die Tür zur Kammer klopfte, die der Knecht bewohnte.

»Tobias«, rief sie. »Bist’ wach?«

Lauschend legte das Madel den Kopf an die Tür und erschrak. Von drinnen war ein leises Stöhnen zu vernehmen.

»Tobias?«

Das Stöhnen wurde lauter. Kurz entschlossen drückte Andrea die Klinke herunter und trat ein. Der Knecht lag in seinem Bett. Er hatte die Augen halb geschlossen. Kreidebleich war er, und auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Die Bauerntochter beugte sich über ihn. Mit fiebrigem Blick starrte er sie an.

»Himmel, was ist mit dir?« fragte sie entsetzt. »Du siehst ja schlimm aus.«

»Mein Bauch«, klagte Tobias. »Er tut so fürchterlich weh.«

»Warte«, sagte Andrea. »Ich hole die Mutter, und am besten rufen wir den Doktor an.«

»Nein, nein, net den Doktor«, grantelte Tobias. »Vielleicht tut’s ja auch eine Wärmflasche.«

Das Madel schüttelte den Kopf und lief ins Haus zurück.

»Was ist denn los?« wollte der Bauer wissen.

»Ich weiß net«, erwiderte die Tochter. »Es geht ihm sehr schlecht, aber er will keinen Arzt.«

»Natürlich rufen wir den Doktor«, entschied ihre Mutter und eilte ans Telefon.

Die Nummer des Dorfarztes stand auf einem Block, der gleich daneben lag. Maria Brandtner wählte mit fliegenden Fingern. Trotz der frühen Stunde wurde nach dem zweiten Klingeln abgenommen, und Dr. Wiesinger meldete sich. Die Bäuerin schilderte den Notfall.

»Ich fahr’ sofort los«, versprach der Arzt.

»Soll ich dem Tobias einen Kamillentee kochen?« fragte Andrea.

»Besser net«, erwiderte ihre Mutter mit einem energischen Kopfschütteln. »Wenn er womöglich ins Krankenhaus muß, dann darf er nix essen und trinken, falls er operiert werden muß.«

»Krankenhaus? Operieren?«

Der Brandtnerbauer sah seine Frau entsetzt an.

»Nun mal bloß net den Teufel an die Wand«, sagte er. »Das fehlt gerad’ noch, daß der Tobias ins Krankenhaus muß und für Wochen ausfällt. Wo soll ich denn jetzt so schnell Ersatz hernehmen?«

»Also, Mann!«

Deutlich war die Empörung in der Stimme seiner Frau zu hören.

»Wenn das deine einz’ge Sorge ist! Dann mußt’ eben seh’n, daß du einen Knecht einstellst. Es ist ja wohl wichtiger, daß der Tobias wieder gesund wird.«

»Du bist gut«, antwortete ihr Mann. »Es ist Erntezeit. Da sind die guten Kräfte längst alle irgendwo untergekommen. Wer jetzt noch keine Arbeit hat, ist ein Hallodri und taugt nix. Und ausgerechnet jetzt ist der Bub net da.«

Alois Brandtner meinte seinen Sohn Wolfgang, der seit einem halben Jahr bei der Bundeswehr war und seinen Wehrdienst ableistete. Leider oben in Norddeutschland, weshalb auch nicht damit zu rechnen war, daß er an den Wochenenden nach Hause kam und mithalf.

Der Bauer strich sich über den Bart, eisgrau war er schon, und das Gesicht sonnengebrannt. Alois Brandtner war zwar erst Anfang fünfzig