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Heimatlose Hunde
Ein Ausschnitt aus derRepubblica vom Mai 1980 – ein Artikel mit der ÜberschriftVersuchter Mord an libyschen Dissidenten in Rom.
Der Himmel war grau, aber es war warm und kein Regen angesagt. Später sollte die Sonne hervorkommen und sämtliche Wolken auflösen. Es war Anfang Mai, und zum ersten Mal in diesem Jahr herrschte in London echtes Sandalenwetter. Liliana zog den Leinenbeutel, in dem sie ihre Sommerschuhe aufbewahrte, unter ihrem Bett hervor. Obenauf lag eine von Alans grauen Socken.
Sie ging in die Hocke und musterte ihn.
Alan war vor Weihnachten gestorben, im Februar hatte sie seine Sachen weggegeben. Ihre Freundin Joan hatte gesagt, das sei therapeutisch, und war gekommen, um zu helfen.
Joan war eine langjährige Freundin aus der Kirchengemeinde. Seit auch Liliana Witwe war, sahen sie sich deutlich öfter.
Alans Hemden, Anzüge, Krawatten, Gürtel, Brogues, sein großer Mantel und seine besten Pullis wurden in Tüten gepackt, um sie der Hilfsorganisation in Muswell Hill zu spenden, für die Joan ehrenamtlich arbeitete. Schlafanzüge, Unterwäsche und Socken landeten im Müll. »Niemand will anderer Leute Socken tragen«, sagte Joan. Es gab ein Paar Wandersocken, das er nur einmal getragen hatte.
Alan war gerne gewandert. Manchmal hatte ihn Liliana in die Yorkshire Dales begleitet. Dann ging es in derben Stiefeln und wasserabweisender Kleidung im Nieselregen auf den Gipfel, wo in den Nebel gespäht wurde. Liliana hatte nie richtig verstanden, was das sollte, sich aber nichts anmerken lassen. Das war eines von diesen seltsamen englischen Dingen wie Yorkshire Pudding mit Sauce, Teebecher, Essigchips und selbst bei kühlem Wetter an den Strand gehen. Sie hatte all das bereitwillig übernommen, weil sie in England eine neue Heimat gefunden hatte – erst recht, nachdem ihr Bruder und seine Familie verschwunden waren. Seitdem war Alan ihre Familie gewesen.
Sie griff nach der einsamen Socke, die Joans Ausmistaktion entwischt war. Es steckte etwas drin, vorne bei den Zehen. Sie zog ein Bündel Scheine hervor, die von einem Gummiband zusammengehalten wurden. Sie waren um einen Zettel gefaltet, auf dem in Alans Handschrift stand:Verwöhn dich, mein Schatz. Sie zählte die Scheine. Fünfhundert Pfund.
Verrückt, dachte sie. Ein Geschenk aus dem Jenseits. Guter alter Alan.
Sie schlüpfte in ihre Sandalen, steckte das Geld und den Zettel in das mit einem Reißverschluss versehene Innenfach ihrer Handtasche und machte sich auf den Weg.
Die Rosskastanien an der Priory Road waren voller weißer und dunkelrosa Blüten, die schwer zwischen den Blättern hingen. Was für üppige, ausladende Bäume!, dachte Liliana, während sie unter ihnen herging und über ihren unerwarteten Geldsegen nachdachte.
Verwöhn dich.
Was sollte das bedeuten? Sie wartete an der Bushaltestelle. Alans Aufforderung bekam plötzlich so eine Tragweite, so etwas Nachdrückliches, seltsam Provozie