: E. S. Schmidt
: Welt der Schwerter Band 2
: Lindwurm
: 9783948695613
: 1
: CHF 6.50
:
: Fantasy
: German
: 300
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Welt, die den besten Krieger zum König kürt, wird stets eine Welt der Schwerter bleiben. Prinz Siluren hat sich in einer ersten Schlacht bewährt, und nun nennt das Volk ihn den Findigen. Doch kann und will er wirklich ein König werden, wie sein Vater einer ist? Unterdessen muss Lynn herausfinden, welche Pläne die Erdmutter für sie und ihr Land hat. In vergessenen Schriften und Mythen entdeckt sie eine uralte Wahrheit wieder und ahnt, dass sie überkommene Regeln brechen muss, um die wahre Macht der Göttin zu entfesseln. Doch während beide noch nach ihrem Weg suchen, sammeln sich im Norden schon riesige Heere, um das Schicksal des Reiches und seiner Herrscher zu entscheiden.

E. S. Schmidt wurde 1970 in Frankfurt am Main geboren und erfindet Geschichten seit dem 6. Lebensjahr. Einige davon sind in Zeitschriften und Anthologien vertreten und haben bereits Preise gewonnen. 2016 erschien ihr Roman 'Die zweite Finsternis', 2020 folgte die Fantasy-Trilogie 'Die Chroniken der Wälder' bei dotbooks. Weitere Informationen unter: http://esther-s-schmidt.de

Kapitel 1


Ein hartes Land lehrt die Menschen, dass sie einander brauchen.
– 15. Akh’Eldash, 48. Eintrag, Vers 2
elle, Decken und der Schleier vor ihrem Gesicht schützten Lynn vor der Kälte der winterlichen Thulmark. Umso beißender war die Kälte in ihrem Inneren.
Sie trug wieder den Loron-Uhn, den Schleier mit dem eingearbeiteten Stirnreif, der den No’Ridahl auf ihrer Stirn verbarg, aber zugleich auch ihr Gesicht. Durch das zarte Gewebe betrachtete sie die drei Männer, die vor ihr ritten: an der Spitze ein Soldat in der roten Uniform Galathräas, hinter ihm der Rotschopf Dendar und neben diesem ritt Coridan.
Coridan, Graf von Thul. Der Anblick seines schwarzen Haars, des breiten Rückens und des Wolfspelzes über seinen Schultern war schmerzlich vertraut. In den vergangenen Tagen waren sie sich so nah gekommen. So geborgen hatte sie sich in seiner Nähe gefühlt, und für eine kurze Zeit hatte sie zu hoffen gewagt, er würde mehr in ihr sehen als nur die Braut seines Bruders. Doch nun waren sie gerettet, und alles was zwischen ihnen gewesen war, schien so endgültig zerstört wie zersplittertes Glas.
Seit ihrer Rettung hatte Coridan kein Wort mehr an sie gerichtet, sie keines Blickes gewürdigt. Lag das nur daran, dass diese Männer sie nun begleiteten? Oder war es, weil sie ihm ihr Herz offenbart hatte? Einem Mann wie ihm, der nur der Pflicht lebte, musste diese Enthüllung wie eine Aufforderung zum Verrat erschienen sein. Sie hätte sich ihm auch nie geöffnet, wäre ihre Lage nicht so verzweifelt, ihr beider Tod nicht so unabwendbar erschienen – und hätte er nicht den No’Ridahl erblickt, jenes Mal, das sie seit ihrer Salbung auf der Stirn trug. Es machte sie zur Akh’Eldash, zur Hohepriesterin, zur Braut des Kronprinzen und zukünftigen Königin von Galaträa. Es enthielt die Kraft der Göttin selbst.
Der Anblick des No’Ridahl hätte in Coridans Herz die Liebe zu ihr wecken müssen. Dennoch war er noch immer der stoische Krieger, als den sie ihn kennengelernt hatte. Wie konnte er gefeit sein gegen die Macht der Göttin, und das, wo doch umgekehrt ihr Herz sich so schmerzlich nach ihm verzehrte?
Das also bedeutete es zu lieben: Schmerz und Schwäche. Es bedeutete, dem anderen die Macht zu geben, zu verletzen. Sie war dumm gewesen, das zuzulassen, und es würde nie wieder geschehen. Sie war die Akh’Eldash. Daraus allein würde sie ihre Stärke ziehen, nicht aus der Liebe eines Mannes.
Sie packte die Zügel ihres Dinjis fester. Die genügsamen, trittsicheren Tiere, denen das braune Zottelfell eisverkrustet über die Augen hing, trugen sie langsam, aber stetig in Serpentinen hinab, der Ebene von Galathräa entgegen.
Lynn räusperte sich vorsorglich, um jede Schwäche aus ihrer Stimme zu vertreiben, dann rief sie Dendars Namen.
Der Rotschopf drehte sich im Sattel zu ihr um und ließ sein Tier zurückfallen, bis er neben ihr ritt. Er vermied es, sie anzuschauen, als fürchte er, der No’Ridahl könne seine Wirkung durch den Lorun-Uhn hindurch entfalten.