: Ulrike Schweikert
: Das Kreidekreuz Historischer Roman
: Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783962150112
: 1
: CHF 4.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 640
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Frau, zerrissen zwischen Leidenschaft und Vernunft, sucht ihren Weg Auf Drängen ihrer Familie und nicht aus Liebe hat Anne Katharina Vogelmann den Salzsieder und Ratsherrn Michel geheiratet. Als die Unruhen der Bauernkriege und ihre zu allem entschlossenen Anhänger nach Schwäbisch-Hall vordringen, befindet sich unter ihnen auch Rugger, Katharinas große Jugendliebe. Plötzlich steht sie ihm wieder gegenüber, jenem Mann, der ihr den ersten unschuldigen Kuss raubte - und kann sich der erneut aufflammenden Leidenschaft nicht entziehen. Bald gerät Anne Katharina zwischen die Fronten der verfeindeten Parteien. Sie muss sich entscheiden - nicht nur, auf welcher Seite sie steht, sondern auch zwischen ihrem Ehemann und ihrer Jugendliebe ...

Ulrike Schweikert (* 1966 in Schwäbisch Hall) ist eine deutsche Schriftstellerin der Historien- und Fantasyliteratur, die auch unter dem Pseudonym Rike Speemann schreibt. Schweikert ging in Schwäbisch Hall zur Schule und absolvierte in Stuttgart eine Banklehre. Nach sechs Jahren als Wertpapierhändlerin studierte sie Geologie und später Journalismus. Daneben beschäftigte sie sich mit der Geschichte ihrer Heimatstadt. Diese Recherchen bilden die Grundlage zu ihrem ersten Roman 'Die Tochter des Salzsieders', der im Jahr 2000 erschien. Heute lebt die Autorin in der Nähe von Pforzheim. Für 'Das Jahr der Verschwörer' erhielt sie 2004 von der 'Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur - Das Syndikat' den Hansjörg-Martin-Preis.

KAPITEL 1


Seht ihr nicht die Zeichen? Wie die Schafe lasst ihr euch scheren und gebt ihnen dann noch klaglos eure Haut dazu! Blind lauft ihr hinter dem Wolf im Schafspelz in den Abgrund, ohne auch nur ein Mal innezuhalten. Seht ihr denn nicht die Zeichen? Eisige Stürme und Schnee im Sommer, knospende Bäume mitten im Winter, Wassermassen, die die Ernten verschlingen. Die weisen Männer haben eine Sintflut aus Wasser geweissagt, ich aber sage euch, es wird eine Sintflut aus Blut werden! Es steht in den Sternen, die Zeit ist gekommen! Was oben ist, wird unten sein, und was unten ist, wird obenauf schwimmen. Und alles wird im Blut zugrunde gehen! Dort, wo ich herkomme, ist es schon in aller Munde: Wer im 1523sten Jahr nicht stirbt, 1524 nicht im Wasser verdirbt und 1525 nicht wird erschlagen, der mag wohl von Wundern sagen.«

Zwei Mägde waren vor dem Bettler stehen geblieben, um seinen Worten zu lauschen, nun aber schüttelten sie die Köpfe, nahmen ihre Körbe voller Gemüse wieder auf und setzten ihren Weg fort.

»Oh, ihr Blinden! Ihr denkt, ihr habt Augen, doch ihr seht noch weniger als der arme Bettler vor euch«, rief er ihnen hinterher. Er kratzte sich an dem schmutzigen Verband, der seine Augen bedeckte. Plötzlich hielt er inne und drehte sich langsam zur Seite. Er schnüffelte laut.

»Nun, gnädige Frau? Was starrt Ihr so auf einen alten, blinden Bettler herab? Ich weiß, dass Ihr mich misstrauisch beäugt, darum lasst Euch sagen, ich erkenne den Geruch einer ehrbaren Frau. Gebt mir ein paar Heller aus Eurem Beutel. Lange werdet Ihr Euch eh nicht mehr an Eurem Reichtum erfreuen können. Der Welten Ende ist nah. Habt Ihr es nicht vernommen?«

Ein Lachen erklang und das Rauschen edler Röcke, die sich näherten. »Das ist eine gute Rede, alter Mann, auch wenn sie ebenso wenig wahr ist wie deine Blindheit!«

»Ha!«, rief er erbost und schob sich die Binde ein wenig hoch, um die Spötterin besser betrachten zu können.

»Ist die Ernte nicht die letzten beiden Jahre verdorben? Hungern die Bauern nicht neben ihren leeren Scheunen? Hat das Wetter nicht verrückt gespielt, als würden tausend Hexen im Himmel ihre Kessel rühren? Hört die wandernden Prediger und Propheten, und Ihr werdet erkennen, dass der alte Jodokus Recht hat!«

Ein nachdenklicher Schimmer legte sich über die lebhaften, braunen Augen der Frau. »Ja, das stimmt. Es waren seltsame Jahre, und der Preis für Brot drückt selbst uns, die wir uns zu den ersten Familien der Stadt zählen können. Ans Ende der Welt mag ich jedoch nicht recht glauben. Es sind schwere Zeiten, wie es sie schon oft gegeben hat. Das Volk läuft gern den Schwärmern hinterher. Nicht lange, und es widmet sich wieder still und ernst seinen Feldern.«

»Um das Brot zu bauen, das die Herren ihm dann entreißen«, krächzte der Bettler und grinste, so dass die Frau in seinen fast zahnlosen Mund sehen konnte.

»Noch sind die Herren verstockt und wollen ihren Augen und Ohren nicht trauen. Sie warten, bis die Schrift aus Blut und Feuer über sie kommt, dann erst werden sie verstehen.«

»Wir werden sehen«, sagte die Frau und nickte dem Alten zu.

»Die Heller!«, rief er empört. »Denkt an die Heller, die schon bald nichts mehr wert sind, mir heute jedoch noch einen satten Bauch bescheren könnten! Habt Mitleid, gnädige Frau.«

Die Bürgerin lächelte, nahm ihren Beutel vom Gürtel und löste da