: Tanja Karmann
: Flapperblut
: Lindwurm
: 9783948695941
: 1
: CHF 10.00
:
: Fantastische Literatur
: German
: 440
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Berlin 1924: Die Succuba sorgen mit ihrer Musengabe für den kulturellen Glanz der Epoche. Als Isme Maximilian trifft, der einer uralten Vampirfamilie entstammt, ist nicht klar, wer wessen Zauber erliegt. Doch Maximilians Loyalität gehört der Oberin seines Clans, die geheime Pläne zur Machtergreifung schmiedet - und um sich dafür zu stärken, braucht sie Blut. Viel Blut. Flapperblut.

Tanja Karmann ging schon als Kind nicht gern in den Keller. Oder auf Dachböden. Aus dem gleichen Grund sieht sie sich auch höchst selten Horrorfilme an. Doch um gute Geschichten zu finden, wagt sie sich in Abgründe hinab, immer begleitet vom Licht der Kreativität. Mit Büchern hat die Vollblut-Saarländerin im Exil sich allerdings schon immer gern umgeben. Seit 2016 schreibt sie selbst.

Kapitel 1

Der Kellner bemühte sich, nicht in ihren Ausschnitt zu ­starren, als er die beiden Cocktailgläser auf dem niedrigen Glastisch abstellte. Langsam beugte Isme sich vor und griff nach dem Glas, in dem der Alkohol in sattem Orange schimmerte. Wie zufällig streifte sie dabei die Hand des jungen Mannes. Scheinbar erschrocken hielt sie den Atem an, zog die Finger jedoch nicht weg, sondern ließ den Blick langsam nach oben gleiten, bis sie ihm ins Gesicht sah. Er starrte immer noch krampfhaft auf das Glas. Isme lächelte, als sie sah, wie seine Finger zitterten. Hätte sie das Glas nicht festgehalten, wäre es vermutlich umgefallen.

»Danke«, hauchte sie.

Der junge Mann sah sie kurz an, wich ihrem Blick jedoch direkt wieder aus. Er trug eine braune Hose und Hosenträger in der gleichen Farbe über einem weißen Hemd.

»Gern«, murmelte er und drehte sich um. Beinahe hätte er das Tablett fallen lassen, mit dem er die Getränke zu ihrem Tisch transportiert hatte. Isme unterdrückte ein Kichern.

»Du bist gemein.« Cassie griff ebenfalls nach ihrem Glas. Ihr in Wasserwellen gelegtes blondes Haar saß perfekt bis in die Spitzen, die sich in Spiralen auf ihre ebenmäßigen Wangen legten. Das schelmische Lächeln, mit dem sie ihrer Freundin zuprostete, zeigte, dass sie ihren Tadel nicht ganz ernst meinte. Mit einer Hand spielte sie an ihrer Kette. Ein Bergkristall saß in der Mitte des Anhängers, das goldene Metall war mit einem spiralförmigen Muster überzogen.

»Was wird Henry wohl dazu sagen, wenn er bemerkt, wie du seine armen Bediensteten in Verlegenheit bringst?«

Henry Rowland war an diesem Abend ihr Gastgeber. Er stammte ursprünglich aus einer englischen Adelsfamilie, war in Übersee mit dem Bau von Automobilen zu Geld gekommen und weilte derzeit geschäftlich in Berlin. Sie hatten sich schon mehrfach bei gesellschaftlichen Anlässen getroffen, weshalb es ein Leichtes für die beiden Frauen gewesen war, eine persönliche Einladung zu seiner Party zu erhalten.

Isme zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck von ihrem Monkey Gland. Das Glas war außen beschlagen, kleine Tropfen perlten herab.

»Er würde sich freuen, dass ich meinen Spaß habe«, erwiderte sie gelassen und schaute sich im Raum um. »Außerdem gibt es hier einen eklatanten Mangel an gebildeten Frauen.«

Henry hatte eine der Suiten desEsplanade angemietet. In den beiden Wohnräumen tummelten sich unzählige Gäste, die meisten in feinster Abendgarderobe. Zwei Kellner versorgten die Anwesenden mit Cocktails, die ein Bartender mit einem Kinnbart an einer eigens aufgebauten Theke mixte. Aktuelle Schlager drangen aus dem Trichter eines Grammophons. Aus dem hinteren Raum war das Kreischen einer jungen Frau zu hö