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»Es war einmal ein armes Waisenmädchen, das lebte am Rande eines großen Waldes bei einem Köhler und seiner Frau. Sie waren hartherzig zu ihm, und es musste den ganzen Tag für sie arbeiten. Einmal schalt es die Köhlersfrau, als sie in der Küche Spinnweben entdeckte. Sie wollte die Spinne, die darin saß, mit dem Schuh totschlagen, aber das Mädchen trug sie schnell nach draußen.
Eines Tages zerbrach ihm ein Krug, und die Köhlerfrau jagte es aus dem Haus. Das Mädchen lief weinend in den Wald, durch Dickicht, über Stock und Stein, dorthin, wo er dunkel und undurchdringlich wurde.
Am Abend gelangte das Mädchen auf eine kleine moosbedeckte Lichtung und sank erschöpft zu Boden. Es dämmerte schon, und das Moos war dunkelgrün und so weich, dass es sofort einschlief. Als es erwachte, schien der Mond hell auf die Lichtung, und das Mädchen sah einen silbernen Faden, an dem eine Spinne hing.
›Greif zu und klettere in den Himmel, kleines Mädchen‹, sagte die Spinne.
Und das Waisenmädchen nahm den Faden, der weich und fest war wie feinstes Garn. Es kletterte schnell hinauf, bis es zu den Himmelswiesen kam. Als es sich umsah, entdeckte es die Spinne, die sprach: ›So wie du mir geholfen hast, helfe ich dir. Du hast ein gütiges Herz und sollst dir einen Bräutigam aussuchen. Aber wähle mit Bedacht zwischen zwei Brüdern: dem Sonnen- und dem Mondjüngling.‹
Da traten zwei junge Männer vor das Mädchen. Es musste die Augen abwenden von dem Sonnenjüngling, so blendete sein strahlender Blick. Der Mondjüngling war blass und freundlich, und ohne Furcht konnte das Mädchen in sein liebes Antlitz sehen.
Da sprach das Mädchen zu der Spinne: ›Mit dem Sonnenjüngling kann ich nicht gehen – zu viel Glut liegt in seinem Blick. Ich gehe mit dem Mondjüngling.‹
Kaum hatte es diese Worte ausgesprochen, trat der Mondjüngling zu ihm und trug es hoch empor in den Himmel. Bis heute wandert das Waisenmädchen mit seinem