Der Tag, an dem mein Vater beschloss, mich an den Hof der Gräfin Elisabeth Báthory, Ehefrau des hochedlen Grafen Franz Nádasdy, zu schicken, liegt viele Jahre zurück. Der Leser muss mir verzeihen, sollte es mir schwerfallen, mich an jede Einzelheit zu erinnern. Angst und Schrecken beherrschten mein Leben und ich fühlte mich zum Sterben müde.
Eines aber ist mir noch gut im Gedächtnis geblieben – man rühmte im Beisein meines Vaters Gräfin Báthorys Gemüt, ihre Haushaltsführung, ihre untadelige Art und ihre Rechtschaffenheit ebenso wie den großen Anteil, den die Gräfin am Leben der jungen Mädchen ihres Hofstaates nahm. Alles, was man ihm über die ungarische Magnatin berichtete, ließ ihn davon überzeugt sein, dass er keinen Missgriff tat, als er sich dazu entschloss, mich in ihre Dienste zu geben. Mein Vater war zwar ein sächsischer Adliger, dennoch führten wir ein hartes und entbehrungsreiches Leben in den Karpaten Siebenbürgens. Denn auch dort konnte man als Adliger ohne Geld nicht in die höheren Ränge aufsteigen.
Unsere Familie war viele Jahre lang bis über beide Ohren verschuldet gewesen, sodass mein Vater sogar gezwungen gewesen war, nicht nur Ländereien, sondern auch seine gesamte Kriegsausrüstung zu verkaufen. Es musste ihn sehr geschmerzt haben, denn wir verdankten unseren Besitz meinem Großvater, der sich unter Istvan Báthory von Ecsed bei der Schlacht auf dem Brodfeld 1479 als Ritter so löblich hervorgetan hatte, dass ihm der König für seine Treue ein Lehen in Hermannstadt, der Stadt der sieben vornehmen Festungen, geschenkt hatte.
Um es meinem Großvater gleichzutun oder vielleicht auch nur, um etwas von dem einstigen Ruhm und Glanz zurückzuholen, war mein Vater in seine Fußstapfen getreten und hatte einige Zeit unter der Flagge von Elisabeth Báthorys Onkel Stephan IV., des Großfürsten von Polen-Litauen und Siebenbürgen, gekämpft. Er erzählte mir oft von der Belagerung von Pskow, als er mit fünfzigtausend Königsgetreuen fast ein halbes Jahr vor den russischen Stadttoren ausgeharrt hatte. Für den polnisch-litauischen König aus der Báthory-Linie hätte mein Vater sein Leben gegeben. Kein Wunder, denn schließlich hatte sich dieser mit dem türkischen Sultan einen blutigen Kampf um unser Siebenbürgen geliefert und sich anschließend ganz ohne Blutvergießen Livland vom Zaren gesichert.
Aber hier soll es um meine eigene Geschichte gehen.
Vor diesem Hintergrund also war es nicht verwunderlich, dass mein Vater sich nichts sehnlicher wünschte, als dass seine geliebte Tochter eine Ausbildung am Hof der Nichte Stephans anträte, um die Verbindung zu dem hohen Haus Báthory aufrechtzuerhalten.
Meine Familie, derer von Weißenburg, war wie alle in Hermannstadt lebenden Sachsen aufgrund eines Goldenen Freibriefs mit weitreichenden Privilegien unserer Stadt stark verbunden. Immerhin zählte ein Urahn derer von Weißenburg zu den ersten eingewanderten sächsischen Rittern und somit zu den Mitbegründern der Sieben Stühle, deren Hauptstuhl Hermannstadt war. Des Weiteren zählte zu den Stühlen auch die Stadt Schäßburg.
Meine Kindheit verbrachte ich behütet und umsorgt im Schoße einer liebenden Familie, zwischen Weinbergen, Kühen, Ziegen und Schweinen. Ich balgte mich mit unseren Hirtenjungen und lernte frühzeitig, wie ein Mann im Sattel zu sitzen. Mein unverwüstliches Temperament verdankte ich wohl meiner Amme, einem derben Weib mit türkischem, slowenischem und rumänischem Blut in den Adern, mit deren Milch ich zugleich die Leidenschaft für die wildromantische Schönheit des dicht bewaldeten, unwegsamen Karpatenlandes einsog.
Alsbald rückte der Tag der Abreise heran. Unsere Dienerschaft belud geschäftig die Kutschen und Maultiere, meine Mutter packte in der Küche luftgetrockneten Speck, Brot, Striezel und aus Pflaumen gebrannten Schnaps für die Reise ein. Mein Vater wählte die Männer zu meinem Schutze aus. Währenddessen nutzten Johannes und ich die noch verbleibende Zeit zu einem Ritt durch die Wälder.
Johannes war mein engste