: Werner Steinberg
: DIE AUGEN DER BLINDEN Kosmologien - Science Fiction aus der DDR, Band 9
: BookRix
: 9783748772293
: 1
: CHF 6.10
:
: Science Fiction
: German
: 332
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Drei Menschen - eine Biologin, ein Arzt, ein Computer-Wissenschaftler - sind ausgezogen auf Erkundungsfahrt ins All, weil sie hoffen, unter außergewöhnlichen Bedingungen, frei von den Bindungen des Erden-Daseins, Antwort auf ungelöste Fragen ihres Zusammenlebens zu finden; denn beide Männer begehren die Frau. Jahre, nachdem sie den blauen Planeten verlassen haben, landen die drei auf dem Dunkelstern Phi, wo unter der Herrschaft eines Hierarchen vernunftbegabte Pelz-Wesen leben. Im Spannungsfeld zwischen dem Hierarchen, der sie erpresst, ihm zu Willen zu sein, dem Wissenschaftler, dessen vernunftgesteuerte Aktivität sie fasziniert, und dem Arzt, der im kreatürlichen Lebensgenuss seine eigentliche Daseinsform erblickt, muss die junge Aria Wann sich entscheiden... Der Roman Die Augen der Blinden des Schriftstellers Werner Steinberg (* 18. April 1913 in Neurode, Schlesien; ? 25. April 1992 in Dessau), erstmals im Jahr 1973 veröffentlicht, erscheint als durchgesehene Neuausgabe im Apex-Verlag in der Reihe Kosmologien - Science Fiction aus der DDR.

  Erstes Kapitel


 

 

 

1.

 

 

Das monotone Summen der Aggregate, der aseptische Geruch der mattierten Metallwände, die makellose Schwärze des Alls - Aria Wann widersteht der Versuchung, einen flüchtigen Blick durch das Bullauge hinaus in die Unendlichkeit zu werfen, wo irgendwo unter diesem gewaltigen, rotierenden Startplateau, in dem sie sich befindet, der blaue Planet Erde schwimmt, auf dem sich zu dieser Stunde ihr Mann, Bronn Ziano, aufhält.

Zwar ist er Leiter der kleinen Raumexpedition, die geplant ist, aber er hat es ihr überlassen, sich um den dritten Begleiter zu kümmern, und so sitzt sie jetzt in diesem kahlen Zimmer Fernand Görens gegenüber, der als Personalbeauftragter der Allflugbehörde bekanntzugeben hat, ob ihr Antrag genehmigt wurde, eine wichtige Entscheidung, wie ist sie ausgefallen?

Er lässt sich Zeit, Görens, das monotone Summen, Aria Wann sieht ihn fünf Meter von sich entfernt in dem Quellsessel sitzen, der sich jeder Bewegung des Körpers geschmeidig anschmiegt, Görens indessen regt sich kaum, ein gelassener, in sich ruhender Mann in den besten Jahren, er hat die Achtzig kaum überschritten, denkt Aria Wann, nur die Linke liegt lässig auf der Tastatur des Computers, aus dem er den Bildschirm des Monitors schräg vor sich mit den letzten Angaben ihres Aktenstücks, nein, des Aktenstücks von Bronn Ziano, füttert; Aria Wann vermag die aufflimmernden Angaben aus der Entfernung freilich nicht zu lesen, sie fühlt sich gespannter, wie also mag die Entscheidung ausgefallen sein?

Sie hat Professor Maru Sodal als Begleiter vorgeschlagen, den Gefährten ihrer ersten Ehe, den hervorragenden Computisten, der ihrer Expedition wie kein anderer dienlich sein könnte, daran zweifelt sie nicht, aber unbekannt ist ihr, ob er die entscheidenden Aufgaben, die ihm bei der Besiedlung der Venus zugefallen sind, so weit gelöst hat, dass er freigegeben werden kann.

Als sie ihrem Mann den Namen Maru Sodal nannte, hatte er sie verblüfft angesehen und voll Missbehagen gefragt: »Hältst du das wirklich für richtig? Eine solche Reise ist kein Experimentierfeld für erloschene Gefühle!«

Sie hatte beiseite geblickt und geantwortet: »Ich weiß nicht, ob sie erloschen sind, Bronn Ziano. Doch davon abgesehen, wirst du zugeben müssen, dass es ein großer Gewinn für uns wäre, wenn Maru Sodal uns begleiten dürfte; denn die reichen Erfahrungen, die er hat, werden uns helfen, Rätsel zu lösen - und Rätsel vermutest du doch!«

Sie zweifelte nicht daran, dass diese Erklärung ihren Mann nicht überzeugte; aber stets war er großzügig gewesen, und so hatte er auch diesmal einen Disput vermieden, die Schultern gezuckt und gemurmelt: »Ich habe dir den Vorschlag überlassen; also akzeptiere ich ihn. Aber ich fürchte, Maru Sodal wird nicht freigegeben werden.«

Trotz Bronn Zianos Großzügigkeit bei dieser Entscheidung wusste sie, dass damit noch nichts entschieden war, auch in ihr selber nicht, und eines Tages würde Bronn Ziano erneut ein Gespräch darüber beginnen; was würde sie dann auf seine Fragen antworten?

Offenbar ist es nun beendet, das Auf blitzen der Ziffern und Zahlen, denn Görens macht eine energisch-abschließende Geste, der massige Schädel mit der grauen Haarmähne wendet sich der jungen Frau zu, sie mag die blauen Augen unter dem Gestrüpp der weißen Brauen. Gö