1126 bis 1128
Verdreckt, vom Schnee durchnässt und gehetzt, als sei die Äbtissin Salome ihm auf den Fersen, entdeckte Wolfhardt von Weitem die drei kegelförmigen Berge, in deren Mitte der Hohenstaufen in den grauen, schneeverhangenen Himmel ragte. Bei seinem Anblick überkam Wolfhardt ein ungeahntes Wohlgefühl. Möglicherweise hatte er dergleichen überhaupt noch nie erlebt, er fühlte sich vertraut mit der Burg dort oben, dem Dorf, durch das er ritt, dem schmalen Pfad, der sich zur Burg hinaufschlängelte. Je höher er kam, desto mehr war er mit seinen Sinnen bei einem heißen Eintopf, trockener Kleidung und möglichst einem Plausch mit Herzog Friedrich am Kamin. Die Wärme des Feuers erschien Wolfhardt allerdings dabei besonders verlockend.
Da hörte er zwei Reiter den Berg hinunterkommen, ziemlich schnell näherten sie sich ihm, ritten geradewegs auf ihn zu. Rasch wich Wolfhardt ihnen aus. Schon waren sie an ihm vorüber. Verdutzt sah er ihnen mit gerunzelter Stirn nach. Boten des Königs waren sie, das konnte nichts Gutes heißen.
Die Freude war mit einem Male dahin. Nachdenklich ritt Wolfhardt durch das Burgtor, hielt jedoch ob des ungewohnten Anblicks in gebührendem Abstand sein Pferd an. Da standen Herzog Friedrich und die Herzogin Judith dicht nebeneinander im Schneegestöber. Um sie herum wuselte der kleine Rotschopf Friedrich. Er zupfte seinen Vater am Mantel. Die Herzogin nahm ihren Sohn auf den Arm und sagte ihm etwas und strich ihm zärtlich über seine Wange. Der Kleine aber zappelte, wollte runtergelassen werden, hüpfte durch den Schnee, klatschte in die Hände und rief freudig: »Es gibt Krieg. Es gibt Krieg.«
»Wolfhardt!«, rief Herzog Friedrich ihm zu. »Kommt. Wir sind in Eile. Ich habe Euch zu diktieren.«
Ehrerbietig grüßte Wolfhardt die Herzogin, die nun ihren Sprössling an die Hand nahm und ihnen langsam zum Palas nachkam. Dort prasselte tatsächlich in der Halle ein Feuer im Kamin. Wolfhardt spürte Nässe und Müdigkeit und gleichzeitig Aufregung. Herzog Friedrich öffnete die Tür zur Schreibstube. Kalt war es hier. Der Kachelofen in der Ecke, eine gänzlich neuartige Erfindung, die sollte es auch auf Graf Bernhards Burg geben, hatte Wolfhardt gehört, war leider nicht beheizt. Offenbar hatte Herzog Friedrich nicht damit gerechnet, dass in nächster Zeit ein Schriftstück verfasst werden müsste. Mit klammen Fingern stellte sich Wolfhardt an das Pult, spitzte die Feder, mischte das Tintenpulver mit Wein und Eisenvitriol in dem abgeschliffenen Rinderhorn und blickte Herzog Friedrich erwartungsvoll an.
»Wir nehmen ausnahmsweise Papier«, beschloss Herzog Friedrich und drehte sich vom Fenster weg und Wolfhardt zu. »Es kann nicht gefälscht werden. Also schreibt:
Seinem Bruder Konrad / Bruder Friedrich
Selig sind die Friedliebenden, denn sie werden Gottes Kinder heißen, spricht unser Herr Jesus Christus.
Bruder Konrad, uns, die wir den Frieden lieben, steht ein Krieg bevor. Wir sind in höchster Not.
Höre: Auf dem Hoftag in Regensburg wurde von König Lothar und den Fürsten beschlossen, dass wir unser salisches Erbgut König Lothar zu übergeben hätten, da es angeblich Reichsgut sei. Unmittelbar dara