EINS
Kat Donovan drehte sich auf dem Hocker, auf dem schon ihr Vater gesessen hatte, von der Theke weg, um aufzustehen und den Pub zu verlassen, als Stacy sagte: »Was ich getan habe, wird dir nicht gefallen.«
Ihr Tonfall stoppte Kat mitten in der Bewegung. »Was hast du getan?«
Das O’Malley’s war früher eine Polizistenkneipe vom alten Schlag gewesen. Schon Kats Großvater hatte hier rumgehangen. Später auch ihr Vater und seine Kollegen vomNYPD. Inzwischen hatte es sich in einen Yuppie-Schuppen voller Preppies, Masters-of-the-Universe, Poser und Arschlöcher verwandelt, lauter Typen in gestärkten und gebügelten weißen Hemden unter schwarzen Anzügen, mit Dreitagebart, die gerade so viel hatten enthaaren lassen, dass sie noch machohaft und unrasiert wirkten. Sie grinsten viel, diese soften Männer, mit ihren Extrem-Gel-Frisuren, und bestellten Ketel One statt Grey Goose, weil die Werbung ihnen erzählt hatte, dass das der Wodka für echte Männer wäre.
Stacys Blick streifte durch die Bar. Ein Ablenkungsmanöver. Kat gefiel das ganz und gar nicht.
»Was hast du getan?«, wiederholte Kat.
»Vorsicht«, sagte Stacy.
»Maulheld bei fünf Uhr.«
Kat drehte sich nach rechts um.
»Siehst du ihn?«, fragte Stacy.
»Klar.«
Die Einrichtung des O’Malley’s hatte sich im Lauf der Jahre kaum verändert. Der alte Röhrenfernseher war zwar durch eine Unzahl Flachbildschirme ersetzt worden, auf denen zu viele unterschiedliche Sportereignisse gleichzeitig liefen – wen interessierten schon die Spiele der Edmonton Oilers? Abgesehen davon war das Cop-Kneipen-Feeling im O’Malley’s jedoch noch erhalten. Und genau das zog diese Poser an, die Pseudo-Authentizität, die dadurch entstanden war, dass sie den Schuppen übernommen und alles vertrieben hatten, was den Laden früher ausgemacht hatte, sodass der Pub zu einer Disney-Version seines früheren Selbst geworden war.
Kat war die einzige Polizistin, die noch herkam. Die anderen gingen nach der Schicht entweder nach Hause oder zu einem Meeting der Anonymen Alkoholiker. Kat kam immer noch und versuchte, in aller Ruhe gemeinsam mit den Geistern der Vergangenheit auf dem alten Hocker ihres Vaters zu sitzen – ganz besonders an diesem Abend, wo die Gedanken an die Ermordung ihres Vaters ihr wieder einmal schwer zu schaffen machten. Sie wollte einfach nur hier sein, die Gegenwart ihres Vaters spüren, um