: Sabine Thiesler
: Nachtprinzessin
: Heyne
: 9783641063832
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 592
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Todesurteil heißt: Ich liebe dich
Eine Mordserie versetzt Berlin in Angst und Schrecken. Ein perfider Mörder, der sich selbst als »Prinzessin« bezeichnet, sucht sich seine Opfer auf den nächtlichen Straßen und erdrosselt sie beim Liebesspiel.

Sabine Thiesler, geboren und aufgewachsen in Berlin, studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie arbeitete einige Jahre als Schauspielerin im Fernsehen und auf der Bühne und schrieb außerdem erfolgreich Theaterstücke und zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen (u.a.Das Haus am Watt,Der Mörder und sein Kind,Stich ins Herz und mehrere Folgen für die Reihen Tatort und Polizeiruf 110). Ihr Debütroman »Der Kindersammler« war ein sensationeller Erfolg, und auch all ihre weiteren Thriller standen auf der Bestsellerliste.
12 (S. 60-61)

Viola lagäußerst bequem auf ihrem Schreibtischstuhl, die Füße in den gefährlich hohen Sandalen auf dem Tisch, daneben ein Prosecco-Piccolo, und feilte sich die Fingernägel. Sie kippte vor Schreck fast vom Stuhl, als Matthias bereits um kurz vor elf das Büro betrat.»Was ist denn mit dir los?«, stotterte sie, schwang die Beine zurück auf den Boden, nahm das gefüllte Sektglas in die Hand und versuchte es schnell verschwinden zu lassen, was ihr aber nicht gelang und auch nicht nötig war, denn Matthias hatte es längst bemerkt.»Wieso bist du schon wach, ich meine, wieso bist du schon da, ist was passiert?«, fragte sie vorsichtig.»Was wird denn hier gefeiert?« Matthias dachte nicht daran, Violas Frage zu beantworten, und spürte, dass er schlechte Laune bekam.»Hast du Geburtstag?«»Nein!« Viola lachte künstlich.»Aber zu niedrigen Blutdruck. Der Sekt ist Medizin für mich, Chef!«

Sie wippte mit dem Fuß und strahlte ihn an. Aber auch darauf reagierte Matthias nicht. Nicht heute, nicht nach all dem, was geschehen war. Normalerweise kam er mit Viola glänzend klar. Sie war schön und naiv, tat, was man ihr sagte, und schien mit ihrem Job rundum zufrieden. Wenn er bei einer Veranstaltung eine Tischdame brauchte, nahm er sie mit. Bei diesen Gelegenheiten hielt sie sich im Hintergrund, lächelte unermüdlich und redete nicht dazwischen. Sie war absolut loyal, betrank sich nicht und konnte tanzen. Das alles wusste er zu schätzen. Zwar konnte man mit Viola keine tiefschürfenden Gespräche führen, aber er fühlte sich in ihrer Gegenwart nie unwohl oder gehemmt. Insofern wollte er das Piccolöchen jetzt nicht zum Problem werden lassen, denn ihm war bewusst, dass er am liebsten seine schlechte Laune an ihr ausgelassen hätte. Also hielt er sich zurück.

»Was gibt’s Neues, Viola?«»Nichts. Aber vergiss den neuen Termin mit Hersfeld nicht. Um fünfzehn Uhr. Ich hab dir noch zwei weitere Projekte rausgesucht, die eventuell infrage kämen. Hier– guck sie dir mal an.« Sie schob ihm einige Exposésüber den Tisch. Matthias nickte.»Danke.« Er nahm die Papiere und ging in sein Büro. Alex’ Situation lastete schwer auf seiner Seele. Als er vor einer halben Stunde zusammen mit Thilda ziemlich verloren und verunsichert auf der Straße vor dem Loft stand, hätte er mit ihr gern noch einen Kaffee getrunken, um mehrüber Alex zu erfahren, denn offensichtlich hatte sie mehr Kontakt zu ihm als er, aber sie lehnte ab.

»Du lieber Himmel, Matthias, wo denkst du hin?« Sie hatte ihn fassungslos angestarrt, als ob er sie gebeten hätte, mit ihm zum Mond zu fliegen oder nacktüber den Ku’damm zu tanzen.»Es ist jetzt halb elf, und ich muss ins Geschäft! Wenn wir erst einmal zusammensitzen, werden ja doch zwei Stunden draus. Nein, bei aller Liebe, ein andermal gern, aber jetzt nicht. Ruf mich an, wenn du Lust hast, dann gehen wir zusammen essen.« Matthias nickte stumm und wusste nicht, wohin mit sich, als sie in ihren Wagen gestiegen und mit Vollgas davongebraust war.