Kapitel 2
Ostereier, bunte Nester, Lebensmittelfarbe, Kerzen, Häschen, Gänslein, Schleifen. Charlotte starrte gedankenverloren in das Schaufenster einer Kaffee-Filiale. Es war 15.38 Uhr – erst um achtzehn Uhr war sie zum Interview verabredet. Sie hatte noch viel zu viel Zeit. Alles, was sie heute erledigen wollte, hatte sie getan. Sogar für Luzifer hatte sie ein schönes Plätzchen im Garten hinter ihrem Haus gefunden. Hoffentlich hatte sie nur kein Nachbar beobachtet, wie sie eine Leiche im Gebüsch vergrub, denn das war bestimmt nicht erlaubt. Aber sie hätte ihn nicht einfach in die Tonne werfen können.
Mit ihrem Fahrrad war sie schon ganz in der Nähe des Eppendorfer Weges, wo in einer Seitenstraße Hannah Klarenheim wohnte. Aber anrufen und fragen, ob sie früher kommen sollte, wollte sie nicht. Das wirkte unprofessionell. Sie streunte also noch etwas ziellos durch die Straßen, schaute in den ein oder anderen Laden rein, bis es irgendwann sechs war.
An der Lindenallee 43, einem einfachen roten Klinkerbau, suchte sie nach dem Namen von Hannah Klarenheim und klingelte. Nichts geschah. Sie drückte erneut, aber es passierte wieder nichts. Ob Hannah es sich anders überlegt hatte? Charlotte holte ihr iPhone raus und schaute nach, ob sie eine Nachricht oder E-Mail bekommen hatte. Nichts. Sie trat einen Schritt zurück und guckte die Hausfassade hoch. Hinter den Fenstern bewegte sich niemand. Sie atmete durch und rüttelte am Türknopf, bis sie bemerkte, dass er nachgab. Das war ihre Chance. Sie würde es noch einmal an Hannahs Wohnungstür versuchen.
Sie ging langsam die alten Holztreppen hoch und fand den Namen an einer Wohnung im zweiten Stock. Die Tür stand einen Spalt offen. Das war aber merkwürdig. Sie drückte sie etwas auf und sah in einen kleinen Flur.
»Frau Klarenheim? Sind Sie da? Hier ist Charlotte Schmidt, wir waren verabredet.«
Sie blieb draußen stehen und wartete. Es kam keine Reaktion. Sie rief noch einmal.
Plötzlich bekam sie etwas Angst. Vielleicht hatte jemand eingebrochen, und Hannah würde entweder gleich nach Hause kommen und sie hier vorfinden, oder sie war rausgerannt. Charlotte hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Unschlüssig stand sie herum und räusperte sich. Dann entschied sie sich dafür, die Wohnung kurz zu betreten, um nachzusehen, ob Hannah nicht etwa mit Unterzucker am Boden lag. Sie ging hinein und kam sich vor wie ein Einbrecher.
»Hallo! Ist hier jemand? Frau Klarenheim? Geht es Ihnen gut? Ich komme nur rein, weil ich mir Sorgen mache.«
Sie konnte links schon die ersten Schränke der grauen Küche sehen. Doch dann veränderte sich alles. Charlotte blieb stehen und schaute runter, aber sie verstand gar nichts.
Hannah Klarenheim lag gekrümmt auf