: Johanna Mo
: Nachttod Kriminalroman - Der Nr.1-Bestseller aus Schweden
: Heyne
: 9783641276898
: Die Hanna Duncker-Serie
: 1
: CHF 9.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 496
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein toter Junge weckt die Geister der Vergangenheit - Der erste Fall für Hanna Duncker
Hanna Duncker ist zurück auf Öland. Hier in ihrer Heimat kennt man sie nur als die Tochter von Lars Duncker, dem Mann, der vor sechzehn Jahren einen grausamen Mord beging. Inzwischen ist Hanna diejenige, die Verbrecher jagt. Ihr erster Fall auf Öland: Ein toter Teenager, mitten in der Nacht erstochen an einem beliebten Ausflugsziel. Und niemand kennt seine Mutter besser als Hanna. Die Ermittlungen werden für Hanna zu einer Abrechnung mit ihrer eigenen Jugend, und Nachforschungen im Fall ihres Vaters reißen alte Wunden auf. Nicht alle sind froh darüber, dass die Tochter von Lars Duncker zurückgekehrt ist.

Die »Hanna Duncker«-Reihe:

Band 1: Nachttod

Band 2: Finsterhaus

Band 3: Dunkelwald

Band 4: Nebelstunde

Band 5: Dämmersee

Alle Bände können auch unabhängig voneinander gelesen werden

Johanna Mo wuchs in Kalmar, im Süden Schwedens, auf und lebt mit ihrer Familie in Stockholm. Neben dem Schreiben arbeitet sie seit zwanzig Jahren als Redakteurin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. Als Teenager musste Johanna Mo erleben, was es heißt, jemanden zu kennen, der zum Mörder wurde. Diese Erfahrung hat sie nie wieder losgelassen und zu der SPIEGEL-Bestseller-Reihe um Polizistin Hanna Duncker inspiriert.

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Hanna Duncker folgte dem Kiesweg bis zum schmiedeeisernen Tor. Es protestierte mit lautstarkem Quietschen, als sie es öffnete. Die Liste von Dingen, die sie in Ordnung bringen musste, wurde länger und länger. Vor gut einem Monat war Hanna in das weiße Holzhaus mit den hellblauen Eckpfosten gezogen. Es war nicht mal fünfzig Quadratmeter groß und lag am Rand des Dorfes Kleva. Aufgewachsen war sie an der Ostküste Ölands, aber dorthin konnte sie unmöglich zurückkehren. Denn dort wäre sie für immer nur Lars Dunckers Tochter.

Im Herbst hatte Lars sich endlich zu Tode gesoffen. Und während Hanna allein ihr Elternhaus ausräumte, hatte sie plötzlich gewusst, was sie wollte. Das erste Mal seit so vielen Jahren über die Ölandbrücke zu fahren hatte eine heftige Sehnsucht in ihr geweckt. Eine Sehnsucht nach all dem, was ihr in Stockholm fehlte. Denn Öland war ihr Zuhause.

Es war nicht unbedingt klug gewesen, sich ein derart reparaturbedürftiges Haus zu kaufen, aber ein besseres hatte sie auf die Schnelle in ihrer Preisklasse nicht finden können. Denn nachdem ihr Entschluss einmal feststand, hatte sie nicht die Geduld gehabt, sich Zeit zu lassen. Innerhalb von drei Wochen hatte sie ihre Wohnung in Stockholm ver- und das weiße Haus gekauft und gleich noch eine neue Stelle aufgetan.

Erst dann hatte sie ihren Bruder Kristoffer in London angerufen und ungefähr die Reaktion geerntet, mit der sie gerechnet hatte.

Du bist doch nicht ganz dicht, hatte er gebrüllt.

Seitdem hatten sie und Kristoffer nicht wieder miteinander gesprochen. Sicher, auch sie hatte ein paar harte Worte an ihn gerichtet, zu viel Wut hatte sich angestaut. Weil er nicht mal zur Beerdigung gekommen war. Weil er ihr alles Praktische überlassen hatte, inklusive Nachlassverzeichnis und der Auflösung ihres gemeinsamen Elternhauses. Sie waren im Abstand von einem Jahr zur Welt gekommen. Eine Zeit lang waren sie wie Zwillinge gewesen.

Gleich am ersten Morgen im neuen Haus hatte Hanna mit einem Ritual begonnen: die siebenhundert Meter bis zum Strand zu gehen. Nach etwa fünfzig Metern kam sie an Ingrids grauem Steinhaus vorbei, das sicher doppelt so groß war wie ihr eigenes neues Heim.

Heute Morgen saß Ingrid mit geschlossenen Augen in ihrer Hollywoodschaukel, eine Decke über die Beine gebreitet. Ihr Haar war silbergrau, das Gesicht faltig. Die Ähnlichkeit mit Hannas Großmutter war frappierend. Seit das große Vergessen sie ereilt hatte, fristete ihre Oma genauso ihr Dasein.

Hanna versuchte, unbemerkt an der Nachbarin vorbeizuschleichen. Gerade wollte sie am liebsten mit niemandem sprechen. Nicht mal mit Ingrid.

Doch da schlug Ingrid die Augen auf, und die Ähnlichkeit war fort. Ihre Augen waren nicht grünblau wie die ihrer Oma, sondern dunkelbraun, außerdem war der Blick sehr klar. Vermutlich saß sie nur hier, weil sie auf Hanna wartete. Die Aussicht in die andere Richtung war viel schöner, dort erstreckten sich schier endlose Felder. In dieser Richtung war nur ödes Brachland zu sehen, das vermutlich bald bebaut würde. Aber Ingrid interessierte sich mehr für ihre Nachbarn als für die Natur.

Die Decke glitt von ihrem Schoß, als Ingrid aufstand und ein paar Schritte auf Hanna zumachte.

»Hallo«, sagte sie. »Heute ist ja der große Tag.«

Hanna nickte. Heute fing sie als Ermittlerin bei der Polizei in Kalmar an und war dann zuständig für schwere Verbrechen in