Brennender Midi Ein Provence-Krimi mit Capitaine Roger Blanc
: Cay Rademacher
: Brennender Midi Ein Provence-Krimi mit Capitaine Roger Blanc
: DuMont Buchverlag
: 9783832189044
: Capitaine Roger Blanc ermittelt
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Tod im Olivenhain - Capitaine Roger Blancs dritter Fall Es ist Herbst geworden in der Provence - und Capitaine Roger Blanc kommt nicht zur Ruhe. Im Nachbarort Lançon stürzt ein Propellerflugzeug über einem Olivenhain ab, der Pilot der Maschine ist tot. Blanc und seine Kollegen sehen sich schon bald mit vielen Ungereimtheiten konfrontiert: Der Tote war beim Militär und dort als hervorragender Flieger bekannt. Mehrere Zeugen wollen den Absturz beobachtet haben, doch ihre Aussagen passen nicht zusammen. Wer lügt? Handelt es sich vielleicht gar nicht um einen tragischen Unfall? Der Capitaine beginnt mit den Ermittlungen, die schon bald Beunruhigendes zutage fördern. Offenbar ist der Tote noch für einen anderen, geheimnisvollen Auftraggeber geflogen. Und seine Kameraden sind seltsamerweise überhaupt nicht erschüttert angesichts des Unfalls ... Auch Blancs Privatleben bleibt turbulent. Mit den Scheidungspapieren hat er das Ende seiner Ehe nun schriftlich. Und seine Beziehung zu Untersuchungsrichterin Aveline Vialaron-Allègre gestaltet sich nicht ganz einfach. Vielleicht ist da Ablenkung durch die Arbeit ganz gut. Doch dann stirbt noch jemand im Olivenhain ... Mord in der Provence - Capitaine Roger Blanc ermittelt: Band 1: Mörderischer Mistral Band 2: Tödliche Camargue Band 3: Brennender Midi Band 4: Gefährliche Côte Bleue Band 5: Dunkles Arles Band 6: Verhängnisvolles Calès Band 7: Verlorenes Vernègues Band 8: Schweigendes Les Baux Band 9: Geheimnisvolle Garrigue Band 10: Stille Sainte-Victoire Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

CAY RADEMACHER, geboren 1965, schreibt in mehrere Sprachen übersetzte Kriminalromane, etwa die>Trümmermörder<-Trilogie aus dem Hamburg der Nachkriegszeit oder die Provence-Serie um Capitaine Roger Blanc. Außerdem erschienen>Ein letzter Sommer in Méjean< (2019),>Stille Nacht in der Provence< (2020) und>Die Passage nach Maskat< (2022) sowie das historische Sachbuch>Drei Tage im September< (2023). Cay Rademacher lebt mit seiner Familie bei Salon-de-Provence.

Der gefallene Engel

Capitaine Roger Blanc hatte noch nie eine Hexe gesehen. Und er hatte auch noch nie einen lachenden Toten gesehen. Das änderte sich in jener Nacht, in der ihn Lieutenant Marius Tonon anrief und lauter als notwendig sagte: »Wir haben hier einen Haufen Scheiße, den du dir ansehen musst.«

Es war Sonntag, kurz nach 22.00 Uhr. Blanc saß im Büro der kleinen Gendarmeriestation von Gadet und tippte mit tauben Fingern unzählige Meldungen in seinen antiquierten Dienstcomputer. Morgen war der erste Montag im September,la rentrée, das Ende der endlosen Sommerferien. Der Tag, an dem die Nation mit einem ordentlichen Kater aus ihrem langen Mittagssschlaf erwachte.

Nachtdienst vorla rentrée war wie einst Nachsitzen in der Schule: Stunden öder Arbeit und zwischendurch den Müll vom Pausenhof aufsammeln. Denn dann kehrten die Familien zurück, die ihre Ferien bis zur letzten Stunde ausgequetscht hatten. Tausende an 364 Tagen im Jahr ganz normale Franzosen boxten sich in dieser finalen Sommernacht gegenseitig mit ihren Renaults und Peugeots von den Straßen und kämpften auf den Rastplätzen mit blanken Fäusten um die Plastikbecher der Espresso-Automaten. Blanc ahnte, dass ihm sein Commandant diesen Nachtdienst aufgebrummt hatte, weil er nicht gerade der Liebling der Brigade war. Seine Aufgabe war es, missgelaunte Uniformierte mal zu einer Péage-Station, mal zu einem Kreisverkehr zu schicken. Wenn die Kollegen von ihren Einsätzen zurückgekehrt waren, musste Blanc Berichte über eingedrückte Kotflügel und aufgeplatzte Oberlippen in einer Computerdatei speichern, die wahrscheinlich nie wieder jemand öffnen würde.

Sein Freund Tonon war einer jener Gendarmen, die in die Nacht ausgeschwärmt waren. Es hatte eine ebenso vage wie hysterisch klingende Meldung eines Anwohners gegeben, der in der Nähe von Lançon einen »grauenhaften Unfall« gesehen haben wollte.

Tonon meldete sich nie per Funk, weil er in seiner Ausbildung den Funkunterricht verschlafen und es in dreißig Dienstjahren nicht für nötig gehalten hatte, diese Wissenslücke zu schließen. Blanc erkannte Tonons Namen auf dem Display seines Nokias.

»Sag mir nicht, dass ich für deinen Haufen Scheiße eine Route nationale sperren muss«, erwiderte Blanc jetzt seufzend. »Dafür müsste ich Verstärkung anfordern.«

»Der Unfall blockiert nicht einen Zentimeter Asphalt. Wir haben einen Toten in einem Olivenhain.«

»Merde. Wer ist so bescheuert und fährt mitten in der Nacht zwischen Olivenbäumen herum?«

»Unser Toter ist nicht gefahren. Er ist geflogen.«

Blanc brauchte zwei Sekunden, bis er das begriffen hatte. »Ein Flugzeugabsturz? Sag nicht, dass …«

»Keine Sorge, es ist kein deutscher Airbus.« Tonon lachte freudlos. »Bloß eine kleine Propellermaschine, die auf einen Hain bei Lançon niedergegangen ist, neben der Route départementale 113. Ein toter Pilot, ein toter Olivenbaum. Keine nationale Katastrophe, aber spektakulärer als die verbeulten Familienkombis am Straßenrand. Das wird es morgen bis auf die Seiten vonLa Provence schaffen, die ersten Reporter sind schon hier. Ich halte sie von der Unfallstelle fern, aber wir sollten zeigen, dass wir uns angemessen um den Vorfall kümmern.«

»Wie viele Leute hast du vor Ort?«

»Die Besatzung von drei Streifenwagen. Jemand hat schon bei der Gerichtsmedizin angerufen. Und wahrscheinlich werden Flugunfall-Experten kommen. Und ganz sicher ein Offizier der Luftwaffe.«

»Ein Militär? Du hast gesagt, es sei bloß eine Propellermaschine!«

»Komm es dir einfach ansehen.«

Lançon thronte sechs Kilometer von Gadet entfernt auf einem Hügel und wirkte, als hätte sich der Kulissendesigner eines Historienfilms hier einmal richtig austoben dürfen. Verborgene Scheinwerfer strahlten eine Burg an, die nur aus wuchtigen Außenmauern zu bestehen schien. Das Licht flackerte gelbrot über die schrundige Festung, als würden plündernde Horden irgendwo in den Gassen unterhalb der Wälle Fackeln entzünden. Die Dächer der mittelalterlichen Häuser darunter waren nur zu erahnen. In den Steinwänden waren Türen und Fensterläden verrammelt. Blanc war in den wenigen Wochen, die er schon in der Provence lebte, noch nie dort gewesen.

Zwischen Lançon und der Route départementale standen Olivenbäume in Reihen wie Kreuze auf einem Soldatenfriedhof. Ein Turm leuchtete im Lichtkegel der Autoscheinwerfer auf, ein zehn Meter hoher Zylinder mit schrägem Dach und glasi