: Jennifer Schumann, Josephine Angelini, Laura Labas, Ashley Herring Blake, Emma Lindberg, Sherin Nagi
: Moon Notes
: New Adult Moon Notes Leseproben Kostenlose Leseproben von u.a. Jennifer Schumann, Josephine Angelini, Laura Labas, Ashley Herring Blake
: Moon Notes
: 9783969810545
: 1
: CHF 0.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 507
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In unserem Sampler findet ihr Leseproben unserer schönen und romantischen Geschichten von Moon Notes. Wir haben Geschichten zum Lachen, Weinen und Mitfühlen. Frech, sexy, fantasievoll und voler Liebe. Das E-Book steht kostenlos zur Verfügung. Runterladen und loslesen! Folgende Autorinnen sind außerdem enthalten: Emma Lindberg; Sherin Nagib; Darcy Crimson; und Juli Dorne

Jennifer Schumann veröffentlichte 2011 ihren ersten Roman unter dem Pseudonym Sophia Chase. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Österreich, arbeitet als Autorin und studiert Rechtswissenschaften.

1


Ich habe erste Schultage schon immer gehasst. Natürlich kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob es einfacher gewesen wäre, wenn wir nicht so oft umgezogen wären. Dann hätte ich längere Zeit auf dieselbe Schule gehen können, und die anderen hätten sich vielleicht an mein Aussehen gewöhnt. Womöglich hätten sie mich sogar akzeptiert.

Aber wahrscheinlich nicht. Ist inzwischen aber auch egal. Ich bin dieses Jahr in die Oberstufe gekommen. Ich muss nur noch bis zum Schulabschluss überleben. Einen Tag nach dem anderen, richtig? Ich weiß, der Spruch kommt eigentlich von den Anonymen Alkoholikern, aber ich finde, dass man auch nach der Highschool eine zwölfstufige Therapie absolvieren sollte. Dann gäbe es später vermutlich viel weniger Alkoholiker.

Manhattan ist ganz anders als Massachusetts. Natürlich tauche ich auch hier nicht in der Menge unter, aber wenigstens falle ich nicht so auf wie in Wellesley oder davor in Duxbury oder all den anderen Orten, in denen wir im Laufe der Zeit gewohnt haben. Seit wir vor zwei Wochen hergezogen sind, bin ich mit ständig wechselnden Gesichtern durch die Stadt gewandert – Gesichtern, die keine Probleme verursachen. Ich konnte mich herumtreiben und die Stadt erforschen, ohne aufzufallen. Vorher war das unmöglich. In Kleinstädten erregen Fremde sofort Aufsehen, aber in Großstädten gibt es nur Fremde. Und eine Menge verrücktes Zeug. Und verrückte Leute. Ich habe festgestellt, dass ich das mag.

Ich finde es toll hier, auch wenn New York wahrscheinlich der gefährlichste Ort für mich ist. Ich fühle mich von allem inspiriert, was ich sehe. Selbst die schmutzigsten Wände können einen Geistesblitz in mir auslösen. Dazu gehört auch meine neueste Entdeckung, über die ich zufällig gestolpert bin: ein Graffiti-Künstler, der seine Tags – seine individuellen Signaturen – an der Mauer eines echt teuren Hochhauses hinterlassen hat. Sein Tag ist irgendwie einzigartig. Das Ganze erinnert eher an Guerilla-Kunst statt an Vandalismus. Die Bilder ziehen mich magisch an, doch den Namen des Künstlers konnte ich noch nicht erkennen. Graffiti sind halt schwer zu entziffern.

Ich gehöre nicht zu diesen Kunstverrückten, die bei jedem Bild loskreischen. Ich verstehe nichts von Malerei und habe auch kein Gefühl für Musik, aber diese Wandbilder sind anders. Ich schleiche mich raus, um sie anzusehen. Ich bin fasziniert. Es fühlt sich gut an, sich auf etwas zu freuen. Ist schon lange her, dass ich mich für irgendwas interessiert habe.

Um ein wenig Privatsphäre zu haben, verändere ich mein Gesicht auf der Suche nach den Werken des Sprayers. Ich nehme mir damit eine Auszeit von meinem eigentlichen Ich, doch die Flitterwochen sind fast vorbei. Ich kann an meinem ersten Schultag kein fremdes Gesicht tragen, obwohl es eine Menge Probleme vermeiden würde. Es ist aus zwei Gründen unmöglich. Erstens hat mein menschlicher Vater keine Ahnung, was ich bin, und es wäre ein echter Schock für ihn, ein fremdes Gesicht mit meinem Namen im Jahrbuch zu sehen. Und zweitens, was viel wichtiger ist, ist: Ich muss den Großteil jedes Tages mein eigenes Gesicht tragen, denn sonst würde Aphrodite der Welt die Liebe entziehen. Aber das erkläre ich später.

Heute und an jedem weiteren Tag muss ich in der Schule mein echtes Gesicht zur Schau stellen.Das Gesicht.

Ich sehe die Schüler und Schülerinnen in die exklusive Privatschule gegenüber vom Central Park strömen. Ich schlucke, die Hand noch am Türgriff. Ich sitze hier fest, will die Autotür