: Stephen King
: Die Augen des Drachen Roman
: Heyne
: 9783641053871
: 1
: CHF 8.00
:
: Spannung
: German
: 512
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Meisterwerk der Fantasy vom König des Horrors

König Roland von Delain wird ermordet, und man bezichtigt Peter, seinen Sohn und erben, der Tat. Hinter dem Ränkespiel steckt der mächtige Hofzauberer Flagg. Der Kampf um den Thron beginnt ...

»Der Zauber von Stephen King ist überaus verführerisch - unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen.«The Washington Post

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preise, darunter 2003 den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk und 2015 mit dem Edgar Allan Poe Award den bedeutendsten kriminalliterarischen Preis fürMr. Mercedes. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn zudem mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.

Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.

11(S. 38-39)

Nicht lange, nachdem Flagg seine geringschätzigen Bemerkungenüber Puppenhäuser und königliche Memmen gemacht hatte, schlich Roland unerkannt ins Morgenzimmer der toten Königin und sah seinem Sohn beim Spielen zu. Der König stand direkt hinter der Tür und runzelte die Stirn. Er dachte viel angestrengter nach als gewöhnlich, und das bedeutete, es rollten Wackersteine in seinem Kopf herum und seine Nase war verstopft. Er sah, dass Peter das Puppenhaus benutzte, um sich Geschichten auszudenken, um»so zu tun, als ob«, und die Geschichten, die er sich ausdachte, waren keineswegs Memmengeschichten.

Es waren Geschichten von Blut und Donner und Armeen und Drachen. Es waren, mit anderen Worten, Geschichten ganz nach des Königs Herzen. Er verspürte plötzlich in sich das sehnsüchtige Verlangen, sich zu seinem Sohn zu gesellen und ihm dabei zu helfen, sich noch bessere Geschichten auszudenken, in welchen das Puppenhaus, seine faszinierende Einrichtung und die imaginären Bewohner ihre Rolle spielen konnten. Am deutlichsten aber sah er, dass Peter das Puppenhaus dazu benutzte, um die Erinnerung an Sasha in seinem Herzen lebendig zu halten, und das schätzte Roland am meisten, denn seine Frau fehlte ihm sehr.

Manchmal fühlte er sich so einsam, dass er beinahe weinte. Selbstverständlich weinten Könige nicht… und wenn er ein- oder zweimal nach Sashas Tod dennoch erwachte und feststellte, dass der Kissenbezug feucht war, na und? Der König verließ das Zimmer so leise, wie er es betreten hatte. Peter sah ihn nicht. In dieser Nacht lag Roland lange wach und dachteüber das nach, was er gesehen hatte, und wenngleich es ihm schwerfiel, Flaggs Missbilligung zu ertragen, bat er ihn gleich am nächsten Morgen zu einer Privataudienz, bevor seine Entschlossenheit ins Wanken kommen konnte, und sagte ihm, dass erüber das Thema gründlich nachgedacht habe und zu dem Schluss gekommen sei, man sollte Peter mit dem Puppenhaus spielen lassen, so lange er wollte.

Er sagte, er glaube, es würde dem Jungen nicht schaden. Nachdem das heraus war, lehnte er sich unbehaglich zurück und erwartete Flaggs Erwiderung. Aber es kam keine. Flagg zog die Augenbrauen hoch - das sah Roland im tiefen Schatten der Kapuze, die Flagg stets trug, kaum - und sagte:»Euer Wille, Sire, ist der Wille des Königreichs.« An seinem Tonfall konnte Roland merken, dass Flagg das für eine schlechte Entscheidung hielt, aber derselbe Tonfall verriet ihm auch, dass Flagg keine weiteren Einwände mehr erheben würde. Er war sehr erleichtert, dass er so glimpflich davongekommen war.

Als Flagg an diesem Tag vorschlug, die Bauern derÖstlichen Baronie könnten höhere Steuern ertragen, wenngleich dort eine Dürre im Vorjahr den größten Teil der Ernte vernichtet hatte, stimmte Roland eifrig zu. In Wahrheit erschien es dem Magier eine wirklich unbedeutende Sache zu sein, wenn der alte Narr (so nannte er Roland insgeheim) in der Frage des Puppenhauses sich nicht seinen Wünschen beugte. Wichtig war gewesen, die Steuern in derÖstlichen Baronie zu erhöhen. Zudem hatte Flagg ein finsteres Geheimnis, welches ihn mit viel Freude erfüllte. Immerhin war es ihm doch noch gelungen, Königin Sasha zu ermorden.