Kapitel 2
Nur zwei Tage später – es war der 19. Oktober 1787 – ereignete sich eine neuerliche Ungereimtheit. An jenem Abend war mir die große Ehre gewährt worden, gemeinsam mit der Familie des Domherrn von Welmhoff dinieren zu dürfen. Dies war eine seltene Auszeichnung, die Seine Hochwürden mir indes alle paar Wochen zuteilwerden ließ. Offenbar war ihm an einem guten Auskommen mit seiner rechten Hand gelegen. Nach dem Diner und einer artigen Konversation im noblen Speisezimmer empfahl ich mich bei den gnädigen Herrschaften schließlich gegen acht Uhr mit dem untertänigsten Dank und den besten Wünschen für eine gesegnete Nachtruhe.
Als ich hernach durch das vom Kerzenschein der Wandleuchter erhellte Treppenhaus der Kurie nach oben stieg, vernahm ich über mir ein leises Flüstern und Tuscheln. Das konnten nur die beiden Hausmädchen sein, Elsa und Katharina, dachte ich mir. Und in der Tat, als ich das zweite Stockwerk erreichte, auf dem die Zimmer des Gesindes und auch mein eigenes lagen, sah ich die beiden im halbdunklen Gang beieinanderstehen. Die weißen Häubchen auf ihren Haaren und die langen Röcke berührten sich, so dicht steckten sie die Köpfe zusammen. Erst als ich von der Treppe auf die Galerie und in den Flurgang trat, lösten sie sich voneinander, verstummten verlegen und sahen mich auf unsichere, zugleich flehentliche Weise an.
„Werter junger Herr“, sprach mich Elsa mit besorgt klingender Stimme und großen Augen an, „dürften wir untertänigst darum bitten, einen Moment Ihrer Zeit zu beanspruchen?“ Das blonde Mädchen war mit ihren neunzehn Jahren die jüngere der beiden Hausdienerinnen. Im Unterschied zu der drei Jahre älteren, aber stillen und unscheinbaren Katharina war sie aufgeweckt, strebsam und verbreitete stets beste Laune. Ich mochte sie gut leiden, sofern ich das angesichts des Standesunterschieds bemerken darf.
„Selbstverständlich“, antwortete ich und musterte die beiden neugierig. „Was gibt’s denn? Kann ich euch helfen?“
„Zu gütig von Ihnen, Herr Holenius. Ach je, wie soll ich’s nur sagen …?“
„Einfach frei heraus, Elsa!“ Ich lächelte der Hausdienerin aufmunternd zu, doch sie zögerte. Unsicher warfen sich die beiden Frauen einen Blick zu. „Na, nur keine Scheu, bitteschön.“
„Mit Verlaub, ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll“, stammelte Elsa und nestelte nervös an ihrer weißen Schürze herum. Zögerlich lugte sie in meine Richtung, so als wollte sie meine Hilfsbereitschaft ausloten. „Nun, also Katharina und ich, wir bemerken im Haus seit jüngster Zeit … Seltsames, das wir uns beim besten Willen nicht erklären können. Vielleicht hätten Sie die Güte, Herr Holenius, uns zu raten, wie damit umzugehen ist?“
„Du machst es wahrlich spannend …“
„Nun sag es dem gnädigen Herrn schon, Liebes“, flüsterte Katharina der jüngeren Dienerin zu und drückte ihren Arm.
„Also gut …“ Elsa schluckte ihre Unsicherheit herunter und richtete sich entschlossen auf. „Kurz und bündig gesagt: Es ist nicht geheuer in der Kurie! Gnädiger Herr, hier geht es nicht mit rechten Dingen zu.“
„Wie meinst du das?!“ Ich war einigermaßen überrascht, denn mit dieser Richtung des Gesprächs hatte ich nicht gerechnet. Natürlich erschien mir die Aussage völlig haarsträubend. „Unsere Kurie ist ein gesegnetes Haus Gottes, wie könnte es just hier nicht geheuer sein?!“
„Es spukt auf dem Dachboden, gnädiger Herr …“ Elsa sah mich mit geradezu herausford