2.
Das Auto, das auf dem sandigen Hof der Villa Elias seitwärts zum Stehen kam, war in Montanagrünmetallic lackiert und wirbelte jede Menge Staub auf.
Weder Leander noch Soraia kannten diesen Wagen. Aber sie erkannten die kleine, dynamische Frau, die in der Sekunde nach dem Stillstand auf der Fahrerseite ausstieg und ohne Zeit zu verlieren auf die Villa Elias zuging: Graciana Rosado, Sub-Inspektorin bei derPolícia Judiciária in Faro.
Sie trug weiße Turnschuhe, blaue Jeans und eine weiße Bluse. Die 26er Glock steckte seitenverkehrt, mit dem Knauf nach vorne, in ihrem Gürtel. Eine Menge Leute erinnerte sie in ihrer Mischung aus geringer Körpergröße (1,62 Meter) und Eigenwilligkeit an die junge Holly Hunter.
Die Beifahrertür schwang mit Verzögerung auf. Ein kräftiger Kerl mit dunklen Locken und Sonnenbrille stieg aus. Er trug eine eigenwillige Kombination aus Shorts, buntem Hemd und einem sandfarbenen Leinenjackett plus Flipflops. Er sah nicht aus wie jemand, der wusste, was Eile ist. Er reckte sich, lehnte sich an den Wagen und biss genüsslich von einerSandes mista ab, einem Weißbrot mit Käse und Schinken.
Carlos Esteves war der personifizierte Beweis von Charles Bukowskis These, dass alle Dinge zu jenem kommen, der ruhig in seinem Sessel abwartet. Eine massige Gestalt, die dennoch (kaum) ein Gramm zu viel durch die Gegend trug. Er arbeitete, wie auch Graciana Rosado und Leander Lost, als Sub-Inspektor bei der Kripo. Wobei Graciana und er in Fuseta aufgewachsen waren und dort lebten.
Gracianas schwarzer Volvo-Kombi, von ihr bisher privat wie dienstlich genutzt, hatte Anfang letzter Woche den Geist aufgegeben. Irgendwas mit einer Lambdasonde, das die Volvo-Leute nicht in den Griff bekamen.
Leander stand der Marke ohnehin kritisch gegenüber: »Der Konzern ist 2010 von einer chinesischen Firma übernommen worden. Sie wissen, dass China die Menschenrechte mit Füßen tritt.«
Die Chefin hatte Graciana und Carlos ersatzweise einen altersschwachen Passat angeboten, der bei derGNR bereits ausgemustert worden war. Er hatte knapp über 219000 Kilometer auf dem Tacho.
»Ich möchte dem Auto gegenüber nicht ungerecht werden«, sagte Graciana, »aber ich fürchte, ich bin zu Fuß schneller. Es kann nicht sein, dass wir flüchtige Kriminelle nicht festnehmen können, weil uns die nötige Motorisierung fehlt.«
Die Chefin hob in einer Abwehrgeste die Unterarme und zuckte bedauernd die Achseln: »Wir haben kein Geld, ich bekomme das nicht bewilligt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ihr Bedarf ist absolut gerechtfertigt.«
Cristina Sobral – wie immer sehr gut gekleidet, heute in einem dezenten beigen Kostüm, das zeitlos wirkte – war tatsächlich ratlos. Sie saß in ihrem Büro mit den weiß gekalkten Wänden und den hellen Holzdielen. Über ihnen drehten die Ventilatoren unermüdlich ihre Runden.
Sobral kam aus dem Norden Portugals und hatte sich im Laufe der Zeit in ihrem Team Respekt erworben. Aber sie war hier an der Algarve noch nicht wirklich angekommen. Daher sperrte sie sich nicht gegen Vorschläge von Carlos oder Graciana, die im Gegensatz zu ihr hier jeden Strauch kannten.
»Haben Sie einen Vorschlag, Sub-Inspektorin Graciana?«
»Nein, leider nicht.«
Aber Carlos Esteves hatte einen, den er seiner Chefin darlegte, nachdem er sie alleine auf dem Park