Prolog
Die Schwarze Kate
Der Tag, an dem jene Königinnen geboren wurden, die man später als Mirabella, Arsinoe und Katharine kennen sollte, war sehr ruhig – vollkommen gewöhnlich, ohne jedes Vorzeichen. Kein Sturm kündigte heulend die Geburt einer Elementwandlerin an. Keine blutige Fischschwemme an den Klippen deutete auf eine Kriegerin hin. Überall auf Fennbirn – von der Hauptstadt Indridskamm bis zu den kleinsten Dörfern – trafen die Alten und die immer seltener werdenden Seher ihre Vorhersagen und schluckten Tränke, um sich in Trance zu versetzen. Es endete damit, dass sie betrunken umkippten, während die Orakelknochen auf dem Boden noch immer keinerlei Sinn ergaben. Die Drillinge wurden in aller Stille geboren, und die einzigen Zeugen waren die Königin, ihr Prinzgemahl und die Hebamme.
Drei schwarze Hexen, hätte man auf dem Festland gesagt. Zur Welt gebracht von einer scheidenden Königin. Eine von ihnen würde letztlich ihre Nachfolge antreten. Vielleicht die stärkste der drei. Vielleicht die schlaueste. Oder vielleicht auch das Mädchen, das vom Glück bevorzugt wurde.
»Eine leichte Geburt«, stellte die Hebamme fest. »Du hattest Glück, Königin Camille.«
»Leicht«, höhnte Camille gereizt. »Du hast leichtreden, Willa.« Doch auch wenn ihr gesamter Körper schmerzte und brannte und sie kaum noch die Augen offen halten konnte, wusste sie, dass es schlimmer hätte verlaufen können. Von dem Moment an, als ihre Schwangerschaft bekannt wurde, hatte ihre Ziehschwester Genevieve Arron sie mit Geschichten über Geburten traktiert, die schiefgelaufen waren. An Camilles letztem Tag im Volroy vor ihrer Abreise zur Schwarzen Kate, wo die Niederkunft stattfinden sollte, hatte Genevieve so lange von Blut und Schmerzen gesprochen, dass Camille beinahe ohnmächtig geworden wäre. Sie war ruckartig stehen geblieben und hatte sich nicht mehr gerührt – als ob sie durch absolute Reglosigkeit verhindern könnte, dass die Drillinge sich auf den Weg machten. Erst als ihre älteste Ziehschwester Natalia stützend ihren Arm nahm, hatte sie sich von ihr zur Kutsche führen lassen.
»Lass dich nicht verrückt machen, Camille«, hatte Natalia gesagt. »Königinnen bringen seit Jahrtausenden Drillinge zur Welt.«
»Aber die haben nicht alle überlebt«, hatte Genevieve weiter gestichelt. »Ich wollte sie nur darauf vorbereiten, damit sie die Zeichen erkennt, wenn etwas schiefgeht. Dann kann sie um ihr Leben kämpfen.«
Genevieve – jünger als die Königin und extrem verzogen, außerdem so niederträchtig wie die Schlangen, mit denen sie sich bei formellen Anlässen schmückten.
Camille ließ sich in die Kissen sinken und dachte an ihre letzten Tage im Volroy zurück. Willa legte ihr einen kühlen Lappen auf die Stirn.
»Tja«, die Hebamme strich der Königin die schwarzen Haare aus dem Gesicht. »Du atmest noch, oder?«
Camilles Blick wanderte zu den drei Korbwiegen auf der anderen Seite des Raumes, in denen die schlafenden Königinnen lagen. Die erste von ihnen – Mirabella – war in einem solchen Sturm und mit so viel knisternder Energie auf die Welt gekommen, dass Camille ihre Gabe herausgebrüllt hatte, noch bevor sie ihr einen Namen gab: Elementwandlerin Mirabella. Wenig später war Arsinoe die Giftmischerin gekommen; Willa hatte kaum genug Zeit gehabt, Mirabella zu waschen und in eine Decke zu wickeln