1.Familie Exter
Die drei Kätzchen, die Susi geworfen hatte, waren rührend; rührend blind und hilflos. Susi, kohlrabenschwarz, smaragdfarbene Augen und sieben weiße Härchen auf der Brust, war eine schlaue Mutter. Als sie ihre Stunde nahen fühlte, kletterte sie an dem Weichselbaum hoch, der sich über ein Spalier hinaufrankte bis ins Dachgeschoss. Hier hatte Johnny, der Sohn des Hauses, seine Bude; und Johnny, das wusste die Katze, liebte Tiere.
Bei ihm kam sie nieder. Im Bett.
Johnny staunte, als er schlafen gehen wollte und auf seiner flauschigen Wolldecke die Bescherung fand. Erstaunlicherweise fleckenlos. Kein bisschen Blut. Wie Katzen das machten? Wahrscheinlich hatte Susi mit ihrer rauen Zunge alles weggeleckt. Sie zeigte ihm gleich voller Vertrauen ihre Wonnepröppchen. Da hingen an Mamas lustvoll geschwollener Tankstelle drei Fellknäuel, konnten noch nicht sehen, wussten aber schon, wo’s zur Milch ging.
Damit war die Beschlagnahme von Johnnys Mansarde als Wochenstube vollzogen. Der junge Mann, das sagte Susi der Instinkt, würde sie mit ihren Kindern nicht hinauswerfen. Er ging auch schon und besorgte einen Korb. Da hinein, mit was Weichem ausgestopft, kam die Familie. Er besorgte außerdem Nahrung für Susi. Es konnte ja sein, dass sie bereits stundenlang bei ihrem Wurf lag und hungrig war. Das Tatar, das er im Kühlschrank unten in der Küche fand, übriggeblieben vom Abendessen seines Vaters, war genau das richtige. Wie man das rohe Fleisch nur mochte! Ihn, Johnny, widerte es an. Schließlich besorgte er noch Sägemehl, falls Susi mal musste. Gute Katzenmütter, das hatte er irgendwo gelesen, verließen ihre Jungen in den ersten Stunden nicht einmal zur Notdurft.
Sägemehl gab es im Säge-, Hobel- und Spaltwerk Exter tonnenweise. Johnny brauchte nur den Weg vorzugehen, wo in den Hallen die großen Gattersägen standen, jetzt in der Nacht schweigende, tagsüber brüllende, Bäume verschlingende Ungeheuer.
Als Johnny am nächsten Morgen zum Frühstück erschien – die kleine, aus drei Köpfen bestehende Familie nahm es aus Gründen der Zeitersparnis in einer Ecke der Küche ein –, pflaumte ihn Irm, seine Schwester, an.
»Hallo, Dicker«, so nannte sie ihn, weil er das Gegenteil war, »was klapperst du nachts am Kühlschrank? Süffelst du?«
Johnny nahm seinem Vater gegenüber Platz. »Susi«, antwortete er der Schwester, »hat was gebraucht.« Er nickte über den Tisch. »Morgen.«
Sein Vater murmelte hinter der Zeitung.
»In der Nacht fütterst du Katzen?« Irm lachte.
»Sie hat Junge.«
Jetzt hob auch der Vater den Kopf von der Zeitung. »Junge hat sie? Seit wann?«
»Seit gestern.«
»Wo denn?«, fragte Irm.
»Bei mir.«
»In deinem Zimmer?« Irm wollte Genaueres wissen. »Nun mach’s nicht spannend«, sagte sie und zermalmte ein Stück Toast zwischen ihren prachtvollen Zähnen, »berichte!«
»Kannst sie ja anschauen.« Johnny vermischte Cornflakes mit Honig. Mitteilsam war er nicht.
»Vielleicht lässt du uns an den Ereignissen unter unserem Dach teilhaben!« Mit der Ungeduld ging es bei Irm rasch; die Schweigsamkeit des Bruders war ein Reizthema. »Hat sie dir die Jungen gebracht, oder wie?«
»Ich fand sie.«
Mehr ließ er nicht verlauten. Aus einer Sache etwas zu machen, war ihm nicht gegeben.
»Mensch...« Irm stieß Luft aus und köpfte ihr weiches Ei: ein Schlag mit dem Messer, d