Erstes Kapitel
Fürwahr, der neue Earl treibt mich noch in die Verzweiflung. Wie Zuchtvieh will er uns einfach verheiraten.
Brief von Miss Arabella Loring an Fanny Irwin
London, im Mai 1817
Heirat. Allein das Wort war schon eine Zumutung! Dennoch konnte der neue Earl of Danvers dieses Thema nicht länger ignorieren, so sehr es ihm auch widerstrebte.
»Was für ein Jammer, dass der letzte Earl schon tot ist«, erklärte Lord Danvers und verlieh der Bemerkung mit einem kraftvollen Schwung seines Floretts zusätzlichen Nachdruck. »Andernfalls hätte ich ihm höchsterfreut das Herz durchbohrt, so schändlich wie er mir mitspielte. Was fällt ihm ein, mich zum Kuppler für drei Mündel zu verdammen, die ich nie wollte?«
Die unter Florettklirren geäußerte Klage beantworteten seine Freunde teils mit verständnisvollem Gelächter, teils mit Skepsis.
»Kuppler, Marcus? Ist das nicht ein wenig übertrieben?«
»Nein, es beschreibt sehr trefflich, welche Verantwortung mir durch das Ableben des Earls zufällt.«
»Ehestifter klingt ungleich erhabener.«
Ehestifter. Was für ein niederschmetternder Gedanke!
Marcus Pierce, ehedem Baron Pierce und nun der achte Lord Danvers, verzog spöttisch das Gesicht. Wiewohl er gewöhnlich jede Herausforderung schätzte, hätte er gewiss gern darauf verzichtet, mit drei unvermögenden Schönheiten belastet zu werden. Und nicht bloß das, obendrein musste er auch noch respektable Ehemänner für sie auftreiben, was das Allerschlimmste war.
Aber leider hatte er die Loring-Schwestern zusammen mit seinem neuen Titel geerbt, und somit musste er sich früher oder später in seine neue Verpflichtung fügen.
Vorzugsweise später.
Seit zweiunddreißig Jahren genoss Marcus sein angenehmes Junggesellendasein, davon die letzten zehn als Englands begehrteste wie uneinnehmbarste Partie. Heirat rangierte für ihn weit oben auf seiner Liste geschmähter Themen, weshalb er sich seit Wochen davor drückte, seiner Pflicht gegenüber den unerwünschten Mündeln nachzukommen.
An diesem herrlichen Frühlingsmorgen jedoch zwang er sich endlich, genau das anzusprechen, und zwar während der Fechtübungen mit seinen zwei engsten Freunden in seinem Herrenhaus in Mayfair. Beide waren, wie er, bislang erfolgreich dem Heiratsmarkt entkommen.
»Aber seht ihr nicht, in welchem Dilemma ich stecke?«, fragte Marcus und parierte gleichzeitig einen Hieb von Andrew Moncrief. Der Duke of Arden war ein begabter Fechter und daher ein würdiger Gegner für Marcus.
»Durchaus«, antwortete Drew über den Florettlärm hinweg. »Du hoffst, deine drei Mündel zügig unter die Haube zu bringen, weißt allerdings, dass es angesichts des Skandals in ihrer Familie schwer werden dürfte, geeignete Kandidaten zu finden.«
»Exakt.«