: Alfred Bekker, Jo Zybell, Hendrik M. Bekker, Manfred Weinland, Marc Tannous
: 4 Science Fiction Abenteuer Sonderband 1006
: Uksak E-Books
: 9783738980615
: 1
: CHF 4.00
:
: Science Fiction
: German
: 700
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer: Hinter dem Wurmloch (Alfred Bekker) Die Satoga-Kriege (Manfred Weinland/Marc Tannous) Der neunte Planet (Hendrik M. Bekker) Mission Sternenstaub (Jo Zybell) Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.

1.


Kriegsrat


John Cloud blickte durch das transparent geschaltete untere Segment der Holosäule auf diejenigen, die im Rund der sieben Kommandositze Platz genommen hatten. Hier in der Schaltzentrale der ehemaligen Foronenarche SESHA, die von den Menschen RUBIKON getauft worden war. In Gedenken an eine andere, unendlich primitivere RUBIKON, mit der John Cloud und zwei weitere jetzt Anwesende seinerzeit zum Mars aufgebrochen waren. Jenes erste Schiff dieses Namens war auf dem roten Planeten von den Invasoren zerstört worden war, die sich in der Folge die gesamte Menschheit unterjochten … und dieses Joch bis zum heutigen Tag in all seiner Tragik aufrecht erhielten.

Die Keelon, enge Verbündete – mehr noch: Schöpfungen – der anorganischen Jay’nac ...

Lasst uns Kriegsrat abhalten – und über die weiteren Schritte im Klaren werden.“

Fontarayn schien leicht irritiert über den Begriff, den Cloud benutzte, um Sinn und Zweck ihrer Zusammenkunft zu charakterisieren, er sagte aber nichts. Der Gloride saß dem Commander der RUBIKON schräg gegenüber, eingerahmt von dem Pflanzenwesen Cy und dessen Gefährten in vielen Abenteuern, Algorian. Der spindeldürre Aorii verfügte über psionische Fähigkeiten, die er schon das eine oder andere Mal zum Nutzen der Crew eingesetzt hatte.

Unmittelbar zu Clouds Linken saß eine Frau von beachtlicher Attraktivität … und Schlagkraft: Scobee. Sie zählte mit dem rechts von Cloud thronenden Jarvis zu seinen ältesten Gefährten, und die gegenseitige Sympathie, da wollte er sich nichts vormachen, hatte sich anfangs arg in Grenzen gehalten. Die auf sie einstürmenden Gefahren hatten sie schließlich zusammengeschweißt. Extremsituationen, in denen sie einander mehr als einmal hinter die äußere Fassade hatten blicken können. So war es gekommen, dass sie sich schätzen lernten. Mehr und mehr.

Und dass ich anfing, meine bornierten Vorurteile ins Nirwana zu verabschieden,dachte Cloud in einem Anflug von Scham. Heute, gut zwei – subjektive – Jahre nach diesen unschönen Erlebnissen, kam es ihm vor, als wäre der John Cloud, der in den GenTecs nur bessere Maschinen gesehen hatte, die einem Programm folgten, das Wissenschaftler bei ihrer in-vitro-Schöpfung in sie verpflanzt hatten, ein Fremder, der nichts mehr mit dem John Cloud der Gegenwart zu tun hatte.

Überhaupt nichts mehr!

Sein Blick blieb kurz an Jarvis hängen, der auch kaum noch etwas mit dem Jarvis ihrer ersten Begegnungen gemein hatte.

Damals hatte er noch gelebt, geatmet und die höchst zweifelhafte Angewohnheit gehabt, im Zweifelsfall erst zu schießen und dann nach Möglichkeiten einer Verständigung mit Gegnern zu suchen. Inzwischen wandelte er als „lebender Toter“, als „beseelter Roboter“ unter ihnen, aufgegangen in einem foronischen Kunstkörper, der aus der Nanorüstung des Hohen Mont hervorgegangen war. Und den er inzwischen fast traumwandlerisch sicher beherrschte, fast nach Belieben gestalten und verändern konnte.

Der wuchtige, anthrazitfarbene Koloss, in den Jarvis’ Bewusstsein in dem Moment transferiert worden war, als seine angestammte organische Hülle ihr Dasein aushauchte, schien mit dem Kommandositz verschmolzen zu sein. Es gab nicht einmal eine Fuge, die belegte, dass Jarvis einfach nur da saß. Dennoch war es so, vermochte sich der immer noch draufgängerische, aber ansonsten völlig veränderte Freund bei Bedarf von einem Moment zum anderen von seinem Sitz lösen.

Der Letzte im Bunde der Sieben, die sich auf Clouds Bitte hin zusammengefunden hatten, war ein Extraterrestrier, den Cloud bereits als Freund für immer verloren geglaubt hatte, nachdem er auf Saskana entführt worden war: der Narge Jiim.

Der Geflügelte der wie ein grotesk geratener Engel zwischen Scobee und Cy kauerte, hatte erkennbare Mühe mit der für flügelloseHumanoide ausgelegten Sitzgelegenheit. Immer wieder rutschte er hin und her, wusste nicht so recht, wo er seine zusammengefalteten Schwingen verstauen sollte, um auch nur ein Mindestmaß an Bequemlichkeit zu erreichen.

Nicht zuletzt um seinetwillen beschloss Cloud, den Beginn der Beratung nicht länger zu verzögern.

Ihr alle“, sagte er, „kennt den Grund unserer Zusammenkunft. Bevor wir aber das weitere Vorgehen diskutieren, würde ich Jarvis bitten, uns noch einmal einen kurzen Abriss der Ereignisse zu geben, die dazu führten, dass wir hier und heute eine schwer wiegende Entscheidung zu treffen haben. Die nämlich, ob wir der Milchstraße für lange Zeit den Rücken kehren und uns auf eine Reise zur Nachbargalaxis Andromeda einlassen sollen oder nicht. Jarvis?“

Der Angesprochene reagierte, indem er eine Grimasse schnitt, die jeden, der sie zum ersten Mal erlebte und den früheren Jarvis gekannt hatte, fast zu Tode erschrecken musste. Im Kreis der hier Versammelten rief sie jedoch nicht einmal ein Schulterzucken hervor.

Ich liebe es“, drang es aus dem Nanokörper, „den Chronisten geben zu dürfen. In der Tat dürfte mein Gedächtnis unschlagbar sein. Ebenso meine Fähigkeit, Dinge auf den Punkt zu –“

Ja, ja, schon gut, spar dir das Geschwafel und komm zur Sache“, unterbrach ihn Scobee mit einem gespielt verzweifelten Seufzer. „Du kannst es, wir wissen es. Warum tust du es also nicht?“

Tun?“, kam es wie ein fernes, verständnisloses Echo aus dem Hightech-Körper des Mannes, der einmal ein Klon wie Scobee gewesen war. Ein genetisch optimierter, im Reagenzglas gezeugter Mensch.

Auf den Punkt kommen“, gab die Frau ihm zu verstehen, dabei zog sie die beiden verschnörkelten Tattoos nach oben, die ihr die Augenbrauen ersetzten und ihr ein wenig Ähnlichkeit mit einem japanischen Manga-Girl des frühen 21. Jahrhunderts verliehen – der Zeit vor der Keelon-Herrschaft und vor der kompletten Umstrukturierung der Erdgesellschaft.

Heutzutage gibt es sicher keinen einzigen Comic mehr,dachte Cloud mit gewissem Bedauern an die unverzichtbaren Begleiter seiner Kindheit.

Er gab Scobee mit einer knappen Handbewegung zu verstehen, was er von ihren Einwürfen hielt.

Normalerweise viel – hier und jetzt und in diesem Zusammenhang jedoch … nichts.

Bitte, Jarvis, fahre fort“, sagte er.

Scobee holte Luft, als wollte sie zu einem weiteren Kommentar ausholen, doch dann schloss sie den Mund und schwieg, während ihre Augen mikroskopisch winzige Blitze in Clouds Richtung schleuderten.

Damit konnte er leben.

Mit den Gefahren, die sich am galaktischen Horizont abzeichneten, weniger.

Eine Bedrohung von möglicherweise universellem Ausmaß.

Bevor Jarvis, der Aufforderung nachkam, richteten sich seine stilisierten Augen auf Fontarayn, der nie deplatzierter gewirkt hatte als jetzt. Er wirkte, mehr noch als der „Exot“ Jarvis, wie ein Anachronismus. „Wo ist eigentlich dein Pendant?“

Pendant?“, zwitscherte der Gloride.

Dein Artgenosse“, sagte Jarvis, wobei sich die Lippen seines Mundes leicht asynchron zu den Worten bewegten. „Wäre es nicht sinnvoll, wenn er dieser Unterredung ebenfalls beiwohnt?“

Er wollte sich ein wenig in eurem Schiff umsehen“, sagte Fontarayn. „Ich kann nicht für ihn sprechen. Er ist ein eigenständiges Wesen. So weit ich weiß, habt ihr ihm und mir erlaubt, uns frei auf diesem –“

Darum ...