: Achim Bogdahn
: Unter den Wolken Meine Deutschlandreise auf die höchsten Berge aller 16 Bundesländer
: Heyne
: 9783641284787
: 1
: CHF 10.80
:
: Deutschland
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Nach diesem Buch weiß man mehr über Deutschland, über sich und man will einfach nur eines: Los!« Thees Uhlmann
Bayern hat die Zugspitze, Hessen die Wasserkuppe, aber hat Hamburg einen höchsten Berg? Ja, den Hasselbrack in den Harburger Bergen, 116,2 Meter hoch. Und wie hoch ist der höchste Gipfel Bremens? 32,5 Meter - die Erhebung im Friedehorstpark. Achim Bogdahn hat sich auf eine Reise durch Deutschland gemacht und die höchsten Berge aller 16 Bundesländer erklommen. Damit er nicht alleine wandert, hat er bekannte Menschen aus den jeweiligen Regionen eingeladen, ihn zu begleiten. Aus diesen Wanderungen ist ein Buch entstanden, ein Buch über Deutschland, über Begegnungen und Gespräche, über Menschen und über das Leben - mit vielen Umwegen, Anekdoten und Exkursen.

- Benno 'Brocken-Benno' Schmidt (Sachsen-Anhalt)
- Manuel Andrack (Saarland)
- Henning Scherf (Bremen)
- Edgar Reitz (Rheinland-Pfalz)
- Dennis Gastmann (Hamburg)
- Rocko Schamoni (Schleswig-Holstein)
- Kathi Wilhelm (Thüringen)
- Hahner-Twins (Hessen)
- Margot Käßmann (Niedersachsen)
- Anke Domscheit-Berg (Brandenburg)
- Hans-Joachim Watzke (NRW)
- Judith Holofernes (Berlin)
- Mehmet Scholl (Baden-Württemberg)
- Lars Riedel& Jens Weißflog (Sachsen)
- Devid Striesow (Mecklenburg-Vorpommern)
- Felix Neureuther (Bayern)

Achim Bogdahn wurde 1965 in Erlangen geboren, wuchs in München auf und arbeitet als Radiomoderator beim Bayerischen Rundfunk/Bayern 2. Er hat in München, Berlin und Glasgow Evangelische Theologie studiert, er war Sänger der Band Isar 12 (erschienen bei Trikont) und er ist glühender Fan des TSV 1860 München (weswegen in seinem Pass hochoffiziell der Künstlername 'Sechzig' steht). Er hat als Schauspieler gearbeitet ('Trautmann'), er ist geprüfter Fußballschiedsrichter, er spricht ein bisschen Dänisch und er liebt es, mit dem Zug zu fahren. »Unter den Wolken« ist sein Debüt.

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Der Brocken/Sachsen-Anhalt (1141,2 Meter)

Mit Benno Schmidt (»Brocken-Benno«)

21. November 2018

Fargo in Ostdeutschland mit dem Duracell-Rentner

Nicht: Ein Männlein steht im Walde. Sondern: Ein Männlein geht im Walde.

Wobei, das Männlein ging nicht. Es rannte. Ach was, es raste.

Ich sah zwischen verschneiten Fichtenstämmen in der Ferne einen olivgrünen Schatten, der durch den Wald den Berg hinaufflog. Ich versuchte, ihm mit aller Kraft zu folgen, schaffte es aber nicht, der Waldboden war vereist, ich rutschte weg, und immer wieder fegte der Sturm Schnee von den Bäumen und blies ihn mir in den Nacken. Bei jedem Schritt musste ich meine Füße erst aus dem Tiefschnee ziehen. Im Rest Deutschlands war Herbst. Lag kein Schnee. Schien die Sonne. Ich war in einer grellweiß verschneiten Zweitwelt. Es sah in diesem Wald genauso aus wie inDrei Haselnüsse für Aschenbrödel, in der Szene, als das schöne tschechische Aschenbrödel den Prinzen und seine beiden dämlichen Kumpel mit den Glamrock-Frisuren zum Narren hält, anschließend die Tannenzapfen aus etwa drei Kilometer Entfernung mit der Armbrust von der Baumspitze schießt und dann durch meterhohen Schnee davonläuft bzw. -reitet. Dies hier hätte derAschenbrödel-Drehort im Böhmerwald oder im Riesengebirge in der damaligenČSSR sein können, es war aber der Harz.

Der Olivgrüne war Benno Schmidt, unfassbare sechsundachtzig Jahre alt. In Sachsen-Anhalt ist er weltberühmt – alle kennen ihn nur als »Brocken-Benno«. Seinetwegen war ich überhaupt hier.

Aber immer der Reihe nach.

Ich hatte Angst. Ich fuhr in den Osten. Ich musste in Halle umsteigen. Und das eine Woche nachdem etwa tausendfünfhundert Hooligans vom HalleschenFC mein geliebtes Grünwalder Stadion in München nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen hatten. Schon bei der Ankunft am Bahnhof waren die Hallenser aus dem Zug gestürmt und hatten ein paar Polizisten das Nasenbein gebrochen. Auf unserem Weg zum Stadion tauchte ein einsamer Zwei-Meter-Typ aus Halle auf, der aussah wie der verschollene dritte Klitschko-Bruder, er ging direkt vor meinem Freund Tom und dessen kleiner Tochter her und nietete kommentar- und ansatzlos drei Sechzger-Fans mit der Faust um. (Die Geschichte erinnerte mich an den legendären italienischen Siebzigerjahre-FilmGewalt rast durch die Stadt.) ImREWE-Supermarkt randalierte er weiter, wollte im Kassenbereich auch noch Tom eine aufs Maul bzw. auf die Schnauze hauen bzw. ihm so richtig die Fresse polieren. Als er aber das sechsjährige Mädchen an Toms Hand sah, erwachten plötzlich ungeahnte menschliche Instinkte in diesem Bud Spencer aus Mitteldeutschland, und er ließ die Fäuste sinken.

Während des Fußballspiels im Stadion gab es dann jede Menge Münz- und Becherwürfe aus der Auswärtskurve, Prügeleien mit der Polizei, dreitausend Mittelfinger Richtung Löwenfans, in der U-Bahn wurden Feuerlöscher geleert, alles war voller Pulver. Im Grunde genommen war es so wie bei Asterix, wenn die Bewohner des kleinen Dorfes über die Römerlager Kleinbonum oder Babaorum hinwegfegen. Es fehlte nur der Wildschweinbraten am Schluss. Und der Humor.

Nun war ich also auf dem Weg nach Halle, quasi ins Feindesland. In München schien die Sonne (in München scheint immer die Sonne), und keine einzige Wolke trübte das Bild. In Bamberg begann sich der Himmel zu verfinstern. Coburg war schon mittelgrau, Erfurt dunkelgrau. In Halle ging die Sonne unter. Willkommen bei den Sch’tis. Ich saß nervös im Bahnhofscafé von Halle, hielt meine Wertsachen fest und wartete auf meinen Anschlusszug. Im Bahnhofsgebäude war es eiskalt, und ich hatte noch eine Stunde Zeit, also trank ich meinen Kaffee in einem To-go-Café mit Heizstrahlern an der Decke, einer Art Glaskubus, in dem man sich fühlte wie ein Grillhähnchen – oder meinetwegen Broiler – in der Vitrine eines Foodtrucks. Außer mir befanden sich noch ein paar andere durchgefrorene Reisende im Glaswürfel. Ein langhaariger Doktorand, der in sein Handy plärrte: »Ich habe heute meinen Dokto