: Joanna Russ
: In fernen Gefilden Werke 1
: Memoranda Verlag
: 9783910914193
: Carcosa
: 1
: CHF 14.90
:
: Science Fiction
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit der wagemutigen, widerborstigen Abenteurerin Alyx schuf Joanna Russ ein Gegenbild zu den dominanten Heldenfiguren ihrer Zeit: In den vorliegenden fünf Erzählungen und dem Kurzroman »Picknick auf Paradies« kämpft eine Frau für ein selbstbestimmtes Dasein, ohne sich männlichem Rollenverhalten anzudienen. Alyx verschlägt es in antike Städte und auf ferne Planeten, aber eines bleibt stets gleich: Sie muss sich den Zumutungen entgegenstellen, mit denen voreingenommene Menschen und autoritäre Gesellschaftsformen sie konfrontieren. Band 1 der Werkausgabe enthält weiterhin eine repräsentative Auswahl von Essays und Rezensionen aus der ersten Schaffensphase von Joanna Russ. - Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Jeanne Cortiel, Professorin für Amerikanistik an der Universität Bayreuth und Autorin der Monografie »Demand My Writing: Joanna Russ, Feminism, Science Fiction«.

Joanna Russ (1937-2011) ist die berühmteste und bedeutendste feministische Science-Fiction-Autorin unserer Zeit. Ihr avantgardistischer Roman »The Female Man« ist ein Welterfolg, ihre Erzählungen wurden vielfach ausgezeichnet. Darüber hinaus schrieb sie Buchrezensionen, Essays und mit »How to Suppress Women's Writing« das grundlegende Werk über die Unterdrückung und Auslöschung von weiblichem Schreiben.

Ich dachte, sie hätte Angst, bis sie mir über den Bart strich

Vor vielen Jahren, lange bevor die Welt in den Zustand geriet, in dem sie heute ist, wurde von jungen Frauen erwartet, dass sie ihren Ehemännern gehorchten. Doch niemand weiß, ob sie das taten oder nicht. In jenen Tagen trugen sie ihr Haar hoch aufgetürmt auf dem Kopf. Zusätzlich zu solchen Gewichten schleppten sie Wasser in zwei Eimern an den Enden einer langen Stange; dabei kannst du leicht ausrutschen. Eine rutschte aus, aber sie hielt den Mund. Sie stellte die Eimer auf dem Boden ab, und mit zwei Tritten seitwärts – wie zwei Tanzschritte, ein Tändeln mit dem linken Fuß, ein Tändeln mit dem rechten – leerte sie beide. Und schaute zu, wie das Wasser im Boden versickerte. Dann legte sie sich die Stange über die Schulter und trug die Eimer nach Hause. Sie war erst siebzehn. Ihr Ehemann hatte sie dazu gezwungen. Sie stieß mit der Schulter die Tür des Bauernhauses auf und sagte:

SIE: Hier ist dein verdammtes Wasser.

ER: Wo?

SIE: Das ist keine standesgemäße Tätigkeit für mich, und das weißt du.

ER: Du gehörst keinem Stand an. Nur ich gehöre einem an, weil ich ein Mann bin.

SIE:Ich würde das nicht mal machen, wenn du ein –

(Hier folgt etwas äußerst Unschönes.)

ER: Frau, geh mit deinen Eimern zurück. Heute Abend kommt Besuch.

SIE: Wer?

ER: Das geht dich nichts an.

SIE: Schmuggler.

ER: Scher dich fort!

SIE: Scher dich zum Teufel.

Vielleicht hatte er ein wenig Angst vor seiner kaltschnäuzigen, kleinen Frau. Sie stand auf der Treppe oder in der Tür und beobachtete ihn, immer mit dem gleichen Hass. Das kommt davon, wenn du ein Mädchen aus den Bergen heiratest, das nicht anständig erzogen wurde. Wenn er sie schlug, bekam sie schlechte Laune. Sie stapfte zum Wasser und wieder zurück, und dabei nahm sie ihn Schritt für Schritt auseinander, ein blondes Haar nach dem anderen, und sie brach ihm die langen Arme und Beine. Das bereitete ihr Vergnügen. Sie füllte die Wassertonne des Bauernhofs, zerrte die Dienstmagd aus dem Heu und gab ihr eine Ohrfeige; sie ging hinein, den Kopf voller Piraten. An jenem Tag spann sie ohne Unterlass, nähte, schälte, mahlte, wusch, staubte ab, fegte, machte immer wieder Feuer, und einmal war sie so sehr in Gedanken, dass sie einem Huhn, das schon tot war, mit Wucht den Hals umdrehte.

In der Nähe mancher Ortschaften bietet sich dir, wenn du nachts zum Strand hinuntergehst, ein äußerst merkwürdiger Anblick: Auf dem Wasser tanzen, Insekten gleich, einige Lichtpunkte, und an Land antworten ihnen ebensolche, und dann kommt etwas über die schwarzen Wellen geschaukelt und verschmilzt mit einem noch schwärzeren Wirrwarr, das sich unmittelbar am Saum des Sandes gebildet hat. Sie streiten sich um Geld. Die junge Frau schaute zu, wie ihr Ehemann in der Küche schwitzte. Es stimmte sie fröhlich, dass er so verzweife