Kapitel zwei
Unten am Strand, wo Meer und Land sich schäumend treffen
Wo Fischer in die Knie gezwungen werden von Wunden, die nicht heilen wollen
Und das Wasser am Ende des Tages unter Tränen fleht
Im Spiegel fort ihr geht
Unter den roten Bäume und den langen, toten Blättern
kann der Wanderer mit seiner Axt sich nicht erinnern
Und die Erde in Tränen zerfließt und verweht
Im Spiegel fort ihr geht
In der stillen Jahreszeit, hoch auf des Hügels Feste
Im brennenden Regen und der Seele dunklem Mal
Wo Kinder sich niederließen und nun ihre Bettstatt steht
Im Spiegel fort ihr geht
Ein langer Schatten leise fällt auf seiner Schritte Spur
Herunter vom Altar gezerrt, die Geschicke unerfüllt
Erzählen von einem anderen Gott, einst jung, nun obsolet
Im Spiegel fort ihr geht
Wenn auf den grauen Feldern die Nöte ruhen
Eines weiteren Soldaten Sache stirbt für etwas, das nie war
Weht ein Traum vorbei, der seinen Weg verfehlt
Im Spiegel fort ihr geht
Das Heiligtum beschmutzt, das Denkmal liegt zerbrochen
Die Statue befleckt und das Entzücken gar vergällt
Schönheit lebt, doch nichts Lebendes besteht
Im Spiegel fort ihr geht
Götter geben und nehmen, was ihr erfleht
So euer Glaube schmeckt nach Blut
Drum trinket kräftig beim Gebet
Schönheit lebt, doch nichts Lebendes besteht
Und wenn erst alles dann vergeht
In der rettungslosen Flut
Im Spiegel fort ihr geht
Im Spiegel fort ihr geht
Lied des Letzten Gebets
(im Zeitalter des Schiedsurteils)
Sevul von Kolanse
Er spürte den Stoß und stellte sich vor, er wäre im Laderaum eines Schiffs, das in schwerem Seegang rollte. Als ein zweiter Stoß kam, meinte er, in einer durchzechten Nacht unterm Tisch zu liegen und irgendjemandes Stiefeltritte abzubekommen. Beim dritten Stoß – diesmal heftiger und voller Wut und Ungeduld – grummelte er einen Fluch. Aber etwas hatte seine Lippen versiegelt, sodass nur ein Stöhnen herauskam.
Er beschloss, dass es Zeit war, die Augen zu öffnen.
Auch das stellte sich als mühsam heraus, denn seine Lider klebten wie aufeinander und brannten ekelhaft, als er sie endlich auseinandergeblinzelt hatte. Dunkelheit, verschwommene Umrisse, etwas wie ein Gesicht vor ihm. Es roch nach Verfall. In seinem Mund der Geschmack von altem, altem Blut. Und etwas anderes. Bitter.