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Kriminalhauptkommissar Hubertus Jennerwein und Polizeiobermeister Franz Hölleisen waren beide überhaupt nicht mit den stummen und reglosen Waldfrüchten zu vergleichen, dafür waren sie viel zu beweglich und zu zielstrebig. Geschickt wie die Eichkätzchen kletterten sie vom Jeep, flink wie die Stichlinge schwärmten sie aus, um das letzte Stück des Weges zum Waldrestaurant zu Fuß zu gehen. Sie hätten auch mit dem Einsatzwagen direkt vor das Restaurant fahren können. Jennerwein hatte sich jedoch für die schrittweise Annäherung an den Tatort entschieden, auf die Art war er schon mehr als einmal auf entscheidende Auffälligkeiten gestoßen.
Schon vom Parkplatz aus konnten sie in der Ferne das Gebäude sehen. Es stach bunt und werbeträchtig aus dem dezenten Waldgrün heraus, man sah den neuen Anstrich, man glaubte sogar die giftig gelbe Holzschutzlasur zu riechen. Die geschwungenen Eisengitter vor den Fenstern des ersten Stocks und das steile, ziegelgedeckte Dach wiesen darauf hin, dass es sich um ein betagteres Gebäude handelte, das chic und rustikal modernisiert worden war, ohne den hundertzwanzig Jahre alten Jugendstil-Charme zu zerstören. Die Dachziegel waren moosig grün und verwittert, die kleinen Dachgauben wirkten wie Sahnehäubchen.
Jennerwein wandte den Blick ab und betrachtete den bewusst grob gezimmerten Wegweiser, dessen Dach in derselben Farbe gehalten war:
HUBSCHMIDT’s
Lodge, Resort, Mushrooms and More
10 Gehminuten
Dienstag geschlossen
»Mitten im Wald und so abgelegen hätte ich kein Restaurant erwartet«, sagte Jennerwein, während er die Schiefertafel mit den Wochenspezialitäten studierte.
»Es ist sogar ein Edelrestaurant«, erwiderte Hölleisen und verzog dabei neckisch blasiert das Gesicht. »Weißwürstchen mit Zanderfüllung und Senf aus Mango! Ich selbst war noch nie drin, mein Einkommen aus dem mittleren Polizeidienst gibt das nicht her.«
»Na, für einmal im Jahr, zum Hochzeitstag mit der Frau Gemahlin, wirds doch reichen, Polizeiobermeister?«
»Ja schon, aber wenn ich da gesehen werde, dann heißt es doch gleich: Schau hin, dort sitzt er, der feine Pinkel! Hält sich für was Besseres! Tut immer so volkstümlich und stopft sich dann im Hubschmidt’s mit Hummer und Kaviar voll. Da hat man gleich einen Ruf weg. Außerdem bin ich kein Feinschmecker. Ich fühle mich in so einer geschleckten Umgebung überhaupt nicht wohl.«
»Ich doch auch nicht«, erwiderte der Kommissar lächelnd.
Eigentlich hatte niemand im Team ein besonders enges Verhältnis zu abgehobenen gastronomischen Genüssen. Sie alle aßen gerne gut, gewiss. Aber ohne viel Aufhebens. Im polizeilichen Alltag blieb dafür auch keine Zeit. Hansjochen Becker war der typische Hamburger-und-Bagel-Beißer-Cop, Ludwig Stengele aus Mindelheim zog einen Teller mit deftigen Allgäuer Kässpätzle jeder Haute-Cuisine-Vergeistigung vor, Franz Hölleisen stammte aus einer alten Metzgersfamilie und liebte die derbe, unverschnörkelte Landkost, was oft genug auf Leberkäsesemmeln hinauslief.
»Aber nur die von der Metzgerei Moll!«, pflegte er zu sagen, denn das war sein Maßstab.
Die spindeldürre Polizeipsychologin Maria Schmalfuß hielt ein Übermaß an Raffinesse bei der Nahrungsaufnahme für eine psychopathogene, narzisstische Störung mit hohem Therapiebedarf. Sie naschte und pickte bei Tisch eher, als dass sie schlemmte. Nicole Schwattkes Kochkünste wiederum bewegten sich nach eigenen Angaben in strengen westfälischen