Erde
Reuben Cronenberg war irritiert. Vrongk hatte angedroht, ihn für seinen Verrat in einem Maße büßen zu lassen, wie »er es sich nicht einmal in seinen schlimmsten Albträumen« vorstellen könne. Von dieser ebenso einschüchternden wie starken Aussage war bislang jedoch wenig – nichts! – umgesetzt worden. Nicht dass Cronenberg sich darum gerissen hätte, körperlicher wie psychischer Folter ausgesetzt zu werden. Aber dass rein gar nichts die Gleichförmigkeit seiner Tage unterbrach… nun, irritierte ihn eben. Und es hätte auch jeden anderen irritiert.
Oder ist genau das die Folter?, überlegte er ein ums andere Mal, während der Servo die nächste Mahlzeit verfügbar machte, indem sich ein Wandfach der Zelle öffnete. Cronenberg musste nur hineingreifen und das Tablett herausholen, auf dem ein Teller mit leidlich wohlschmeckender, ganz gewiss aber energiereicher Nahrung und ein Dreiliterbehälter mit frischem Wasser standen, dazu Besteck und Becher.
Nein, Hungers oder Dursts sterben lassen wollte Vrongk ihn offenkundig auch nicht, obwohl es Cronenberg nicht wirklich verwundert oder gar schockiert hätte, wenn dies geschehen wäre. Sogar eine kleine Hygienezelle, in der er sich waschen und seine Notdurft verrichten konnte (alles war auf menschliche Bedürfnisse abgestimmt), hatte man dem Gefangenen zugebilligt.
Noch immer ging Cronenberg davon aus, dass der Frieden, den man ihm zubilligte, nur die Ruhe vor dem großen Knall sein konnte. Aber mit zunehmender Dauer, die er unbehelligt blieb, erwachten auch Zweifel, die es für möglich hielten, dass Vrongk ihn tatsächlich aus seinem Gedächtnis gelöscht hatte und die »lebenserhaltenden Maßnahmen«, mit denen er sich versorgt sah, einzig und allein auf dem Mist irgendeines automatischen Systems wuchsen, das seine Aufgabe bis in die Ewigkeit erfüllen würde.
Ewigkeit. So lange werde ich es hier nicht aushalten.
Wann immer er an diesem Punkt seiner Gedanken angekommen war, fragte er sich, wie es mit seiner Lebenserwartung überhaupt bestellt war.
Als er noch als loyaler Diener gegolten hatte, war ihm von den Auruunen die Gunst gewährt worden, von ihren Medikern aus dem entarteten Zellklumpen befreit zu werden, in dem er zuvor die Jahrtausende überdauert hatte. Und damit nicht genug war sein aufgedunsener Körper sogar adonisgleich neu modelliert und mit einem Geschenk veredelt worden, von dem Croxgk – Vrongks Vorgänger – durchklingen ließ, dass es die relative Unsterblichkeit sei. Relativ deshalb, weil auch ein Unsterblicher nicht gegen gewaltsamen Tod, sei es durch Unfall oder Waffeneinsatz, gefeit war.
Und so verging wieder ein Tag, den Cronenberg nur anhand des Hell-Dunkel-Wechsels in seiner Zelle festmachen konnte.
Ein Tag war wie der andere.
Wenn die Auruunen es nicht zuerst taten, würde ihn irgendwann die Untätigkeit, zu der er verdammt war, umbringen!
Auch wenn das Wesen, das eineandereZelle des Komplexes bewohnte, kein Mensch war, sondern ein Geschöpf, wie es nur ein einziges Mal im ganzen Universum vorkam, litt auch es unter dem Eingesperrtsein. Taurt hatte eine andere Beziehung zur Zeit als Cronenberg. Er empfand Zeit anders, nicht so quälend. Immerhin konnte er sich, wenn er es denn wollte, in eine Art Winterschlaf versetzen, aus dem er in regelmäßigen Abständen erwachte, um herauszufinden, ob sich an seiner Lage etwas geändert hatte. Oder um anderen vorzugaukeln, er hätte sein