: Lucy Score, Claire Kingsley
: Gin Fling
: MORE by Aufbau Digital
: 9783967971897
: Bootleg Springs
: 1
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Bootleg  Springs - die erfolgreiche Reihe der Bestsellerautorinnen Claire Kingsley und Lucy Score!

Für Personal Trainer Jonah Bodine ist Bootleg Springs aufregender als ihm lieb ist - bis vor kurzem hat er noch nichts von seinen Halbgeschwistern geahnt. Hinzu kommt die ungeklärte Rolle seines Vaters in einem Vermisstenfall und der unerträgliche Kleinstadtratsch. Jonah nimmt sich eine Auszeit von all dem Trubel und flüchtet in eine einsame Hütte am See. Diese Idylle wird jedoch ruiniert, als seine Halbschwester ihm eine Mitbewohnerin aufhalst. Eine äußerst attraktive Mitbewohnerin ...

Shelby Thompson ist in Bootleg Springs auf der Suche nach Antworten und wird von Scarlett Bodine überredet, sich ein Haus mit dem gutaussehenden Trainer Jonah zu teilen. Ein unverbindlicher Sommerflirt kommt ihr da gerade recht.  Doch während sich das Verschwinden von Callie Kendall langsam aufklärt, wird Shelby von ihrer Vergangenheit eingeholt. Es fällt ihr immer schwerer ihre Geheimnisse zu bewahren und die Gefühle für Jonah zu kontrollieren.



Lucy Score istNew York Times- undUSA Today-Bestsellerautorin. Sie wuchs in einer buchverrückten Familie in Pennsylvania auf und studierte Journalismus. Wenn sie nicht gerade ihre herzzerreißenden Protagonist:innen begleitet, kann man Lucy auf ihrer Couch oder in der Küche ihres Hauses in Pennsylvania finden. Sie träumt davon, eines Tages auf einem Segelboot, in einer Wohnung am Meer oder auf einer tropischen Insel mit zuverlässigem Internet schreiben zu können.

1


JONAH

»Aktiviere die Pobacken«, sagte ich zum neunzehnjährigen Star des College-Baseballteams.

»Mann, wenn ich sie noch mehr anspanne, werden sie zu Stein«, beklagte sich Eric, während er die Stange vom Boden hochhievte.

»Aus meiner Perspektive sieht es so aus, als würde er es ganz gut machen«, warf Mrs. Morganson von ihrem Aussichtspunkt direkt hinter ihm ein.

Heute war Kreuzhebentag.

Einmal pro Woche verwandelte ich den Kraftraum der Bootleg Springs High School in ein offenes Fitnessstudio für alle Altersstufen und Niveaus. Der Raum war rappelvoll mit Geräten und roch nach verschwitzten, ungeduschten Jugendlichen. Die kleinen Fenster unter der abgehängten Decke ließen nur wenig Sonnenlicht ein.

Aber es funktionierte.

Eigentlich war ein Desaster vorprogrammiert gewesen. Ich trainierte College-Kids, die den Sommer hier verbrachten, Neulinge mittleren Alters, die gerade erst mit Fitness anfingen, ein paar Gewichtheber mit langjähriger Erfahrung sowie eine Reihe älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Einige kamen tatsächlich zum Trainieren her. Andere nahmen nur teil, um etwas fürs Auge zu haben.

Doch egal wer auftauchte, wir hatten alle verdammt viel Spaß.

»Gut gemacht«, sagte ich und schlug Eric auf den Rücken, als er die Hantelstange mit einem lautstarken Klappern fallen ließ. Der Junge war um einiges stärker, als seine lange, schlaksige Figur vermuten ließ.

»Wohoo!«, jubelte Mrs. Morganson. Minnie Faye, Besitzerin und Betreiberin von Minnie’s Meow Meow House, stieß ihre Freundin mit dem Ellbogen an. »Nicht dass sie uns rausschmeißen wie bei der Autowaschaktion des Footballteams«, warnte sie.

Beide Frauen bückten sich, um ihre bedeutend leichteren Hantelstangen hochzuheben. Ich zwinkerte ihnen zu, als sie eine schwungvolle Show aus ihrer Hebeübung machten.

»Wie läuft’s, D?« Für ihre Freunde hieß sie Doris, für ihre Fitnessfreunde D, und sie starrte gerade ihre Hantelstange an.

»Ich wollte heute einen persönlichen Rekord aufstellen.« Frustriert wischte sie sich mit dem Saum ihres T-Shirts den Schweiß von der Stirn. Doris war sechsundfünfzig und hatte vor drei Jahren eine Herztransplantation über sich ergehen lassen müssen. Sie war mir ungefähr einen Tag lang nachgejagt, nachdem ich letztes Jahr beschlossen hatte, meine Arbeit als Personal Trainer nach Bootleg zu verlagern.

In einem Städtchen von dieser Größe sprach sich so etwas schnell rum.

Da irgendjemand sein Leben gelassen hatte, damit sie hier sein konnte, wollte sie denjenigen nicht enttäuschen, wie sie sagte. Damals hatten wir dann unseren ersten gemeinsamen Workout. Einen Spaziergang durch den Park am See.

Wir hatten klein angefangen, ganz langsam, doch ihre Entschlossenheit ließ niemals nach. Sie hatte schon vor der Transplantation mit dem Rauchen aufgehört. Danach hatte sie mit dem Walken angefangen. Schon bald ließ ich sie joggen und in meinen Pop-up-Bootcamps abhängen. Dann entdeckte sie ihre tiefe Leidenschaft fürs Gewichtheben. Irgendwann zog sie auch ihren Mann Josh mit hinein. Josh hatte elf Kilo abgenommen und mit dem Rudern angefangen. Doris hatte knapp fünf Kilo magere Muskeln zugelegt und funkelte gerade die Hantelscheiben an ihrer Stange an, die zwischen ihr und ihrem neuen persönlichen Rekord standen.

»Wie viel hast du da drauf?«, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits kannte.

»Neunzig Kilo. Ich krieg das verdammte Ding nicht vom Boden hoch.« Sie trat mit der Spitze ihrer Sneakers gegen die Hantelstange.

»Weißt du was? Geh dir was zu trinken holen. Ich verringere einstweilen das Gewicht ein wenig, und wir überprüfen deine Tagesform anhand von achtzig oder neunzig Prozent deines Maximums. Okay?«

Seufzend zuckte sie mit den Schultern. »Ja. Okay.«

»Nicht jeder Tag ist für einen persönlichen Rekord geeignet«, ermahnte ich sie.

»Jaja.«

»Sie ist gestern Abend extra früh zu Bett gegangen, damit sie für das Gewichtheben ausgeruht ist«, sagte mir Josh, als Doris weg war. »Sie wird sauer sein, wenn sie ihren letzten Rekord nicht brechen kann.«

»Als ob ich das nicht wüsste«, erwiderte ich und entfernte von jeder Seite der Hantelstange eine Scheibe. Ich tauschte mehrere aus und baute alles wieder zusammen.

»Das sieht aus, als wäre es mehr …«

»Halt die Klappe«, sagte ich, als Doris zurückkehrte. Josh beschäftigte sich mit seiner eigenen Stange und spielte den Unbeteiligten.

»Bereit?«, fragte ich sie.

»Ja. Ich weiß nicht, was mein Problem ist. Wahrscheinlich fühle ich mich einfach schwach. Vielleicht sind es Allergien?«

»Vielleicht«, antwortete ich und bedeutete ihr, hinter die Hantelstange zu treten.

»Wie viel ist das?«, wollte sie wissen, während sie ihr Stirnband aufsetzte, das ihren wild gelockten Bob bändigen sollte.

»Mach dir keine Gedanken um Zahlen. Ich will nur deine Tagesform checken. Wir bringen dich dorthin, wo du hinwillst, wenn es so sein soll«, versprach ich ihr.

»Ich weiß, ich weiß. Vielleicht nicht heute, aber irgendwann erreichen wir das«, zitierte sie seufzend eine meiner vielen Motivationsreden. »Nur will ich einfach, dass es heute ist. Heute istder Tag, weißt du?«

»Dein Jahrestag?«

»Vor drei Jahren stand ich an der Schwelle des Todes und wachte mit einer neuen Pumpe auf.« Sie klopfte sich mit der Faust auf die Brust. »Ich würde der Spenderfamilie wirklich gern eine Mail schreiben, um ihnen mitzuteilen, dass ich heute einen großen persönlichen Rekord aufgestellt habe. Sie wissen lassen, dass ein Teil von ihm immer noch weiterlebt.«

Ich legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Hey, ich weiß, das ist das Ideal, aber lass uns zuerst mit der Realität arbeiten. Okay? Vielleicht ist es etwas ganz Einfaches.« Es war relativ einfach. Der Jahrestag, der Wunsch, der Familie des Mannes zu berichten, dessen Herz sie erhalten hatte.

Doris hatte sich psychisch unter Druck gesetzt.

Seit unserem letzten Kraftsporttag waren vier Wochen vergangen, und ichwusste, dass sie neunzig Kilo stemmen konnte.Sie war sich nur nicht sicher.

Noch immer enttäuscht nickte sie. »Ja. Okay. Mal sehen, ob du deinen magischen Trainerzauberstab schwingen kannst.«

Sie bückte sich aus den Hüften und griff nach der Stange.

»Benutze den Kreuzgriff«, wies ich sie an. »Dann hast du nicht das Gefühl, dass dir die Stange aus der Hand rollt.«

Wieder nickte sie und passte ihren Griff an.

»Das wird jetzt ein wenig einfacher, weil es nicht deine maximale Leistung ist. Deshalb konzentriere dich auf die Form. Auf drei – eins, zwei, drei!«

Die anderen spürten wohl, dass etwas Großes in Gange war, sie hielten in ihren Tätigkeiten inne und stellten sich hinter Doris. Mit angehaltenem Atem sahen sie zu.

Sie riss das Gewicht mit angespanntem Gesicht, die Sehnen an ihrem Hals traten hervor. Die Stange hob sich. Langsam, Zentimeter für Zentimeter.

»Los, los, los! Zieh!«, schrie ich.

»Zieh!«, erscholl es von den anderen in unterschiedlichen Stimmlagen.

Doris richtete sich auf, streckte sich zu voller Länge und umklammerte mit rotem Gesicht die Stange. Die Übrigen jubelten hinter ihr. Sie ließ das Gewicht fallen und beugte sich vor.

»Warum zum Teufel macht ihr einen solchen Krach, Leute?« Sie stieß den Atem aus und wischte sich mit dem Arm über die Stirn. »Heilige Scheiße. Mir wird ganz anders. Das hat sich wie tausend Kilo angefühlt, verdammt nochmal.«

»Das liegt daran, dass es siebenundneunzig waren«, sagte ich zu ihr.

»Sieben und was?« Sie blinzelte.

»Siebenundneunzig Kilo.«

»Siebenundneunzig? Ich habe siebenundneunzig Kilo gehoben?«

Ich nickte und grinste.

»Siebenundneunzig«, flüsterte sie noch einmal vor sich hin.

Josh zog sie von hinten in eine feste Umarmung. »Siebenundneunzig«, wiederholte er.

Sie drückte seine Hand und rechnete die Gewichte vor ihr zusammen. »O mein Gott. Das sind siebenundneunzig Kilo! Ich habe verdammte siebenundneunzig Kilo gehoben!« Sie löste...