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Das klingt jetzt vielleicht alles ganz easy. War es aber nicht von Anfang an.
Ich kam aus einem tiefen Loch nach Ostfriesland. Kurz davor, am Leben zu verzweifeln und mir die Pulsadern zu öffnen. Ich stand vor dem absoluten Nichts.
Ich hatte einen Beruf, für den ich völlig ungeeignet war und der mir keinerlei Spaß machte.
Augen auf bei der Berufswahl!
Ich war geworden, was meine Eltern von mir erwartet hatten. Ich bin nicht dem Ruf meines Herzens gefolgt, sondern irgendeinem Konstrukt aus Vernunft und dem Wunsch, es allen recht zu machen. Keine gute Strategie für ein glückliches Leben.
Meine Eltern hatten einen Textilbetrieb in Bamberg. Von Strandmoden bis zum Wintermantel und Dirndl haben wir alles hergestellt. Heißt, herstellen lassen. So billig, wie Klamotten in Deutschland verkauft werden, kann man sie im Grunde im Land kaum noch produzieren, außer als Werbegag.
Wir hatten eine Nähfabrik mit mehr als zweihundert Mitarbeitern im Königreich Marokko, in einem Viertel von Rabat, das ist die Hauptstadt. Und eine zweite in Casablanca. Gut fünfhundert Menschen in Marokko haben für unsere Firma gearbeitet.
Ja, ich spreche ein bisschen arabisch, schätze die arabische Küche, und noch heute koche ich lieber Couscous als Kartoffeln.
Ich habe meinen Vater oft nach Marokko begleitet, weil meine Mutter ihn nicht gerne allein in andere Kontinente reisen ließ.
In Deutschland hat meine Familie praktisch nur mit einem kleinen Team Modelle entworfen. Das waren natürlich alles ganz wichtige Leute, die zukünftigen Lagerfelds und Joops.
Ich verstehe nichts von Mode, und ehrlich gesagt, wenn mich irgendetwas im Leben nicht interessiert, dann Stoffe, Rüschen und Kleidung. Es sei denn, eine schöne Frau zieht sie gerade aus, um mir zu zeigen, wie sie darunter aussieht.
Diese Designer sind natürlich alle hochsensible Künstler, und nachdem ich den Laden auf Wunsch meines Vaters übernommen hatte, startete zunächst ein Wettbewerb um meine Gunst, und dann haben sich alle sehr viel Mühe gegeben, mir zu zeigen, dass sie die wichtigsten innovativen Köpfe sind und ich dankbar sein muss, dass sie für so ein popliges oberfränkisches Unternehmen arbeiten, statt nach Paris oder New York zu gehen, wo sie eigentlich hingehören.
Oh, wie ich es gehasst habe!
Wir wohnten in der Gärtnerstadt. Nicht zu verwechseln mit der Gartenstadt.
Neben uns gab es viele Gärtnereien und sogar einen Biobauern. Ja, ich wuchs – wenn ich zu Hause war und nicht im Internat – zwischen Vogelgezwitscher und Blumen auf. Mitten in der Stadt Bamberg, kurz hinterm Hotel National, gibt es eine ländliche Idylle.
Bei uns in Deutschland wurden die Modelle geschneidert, und meine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, sie zu verkaufen. Das hat mein Vater auch immer gemacht. Er war gut vernetzt im Land, kannte Gott und die Welt, und als ich jünger war, hatte ich das Gefühl, die Arbeit meines Vaters bestünde daraus, mit Leuten essen zu gehen, ja, mit ihnen in Urlaub zu fahren, in Bars die Puppen tanzen zu lassen und dabei viel Geld zu verdienen.
Das alles mag auch eine Weile so gewesen sein. Aber sicherlich nicht mehr, als ich auf den Chefsessel gedrückt wurde. Ich stand gerade vor dem Physikum. Ich hatte in München und Erlangen Medizin studiert.
Mein Vater bekam kurz hintereinander zwei Schlaganfälle, konnte nicht mehr sprechen, und ab da redete meine Mutter für ihn, interpretierte seine Blicke und wurde zur Sachwalterin seiner Interessen. Für sie war völlig klar, dass ich ab sofort die Firma übernehmen müsste. Sie hatte vor, sich (mit drei Pflegekräften, einer Haushälterin und einem Gärtner) um Papa zu kümmern.
Die Modefirma, die so gut im Geschäft war und angeblich viele Millionen wert, wurde mir übertragen. Und damit auch die laufenden Bankkredite.
Ich war einfach ein zu guter Mensch, um so einen Betrieb zu führen, und mein Vater hat mir wohlweislich nie gesagt, wie der Hase w