: C. E. Bernard
: Das Lied der Nacht Roman
: Penhaligon
: 9783641268947
: Die Wayfarer-Saga
: 1
: CHF 8.10
:
: Fantasy
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nur ein vergessenes Lied vermag es, die Dunkelheit der Nacht zu durchbrechen. Wäre es doch nur erlaubt zu singen - oder sich zu erinnern ... Das Fantasy-Must-Read des Frühjahrs 2021!
»Ich erzähle euch eine Geschichte. Sie beginnt in einem finsteren Tal mit hohen, schneebedeckten Bäumen. Sie beginnt mit einem einsamen Wanderer in den fahlen Stunden des Zwielichts, in der bläulich glänzenden Dämmerung. Sie beginnt mit einer Frage. Fürchtet ihr euch?«

Die deutsche Fantasy-Autorin C.E. Bernard hat ein episches, bewegendes und beeindruckendes Meisterwerk geschaffen, das High-Fantasy-Leser feiern werden. »Das Lied der Nacht« ist die Geschichte des in sich gekehrten Wanderers Weyd und der mutigen Bardin Caer, die gemeinsam vor einer fast nicht zu bewältigenden Aufgabe stehen: Feuer in einer Welt entzünden, in der Schatten, Albträume und Furcht regieren. Und die einzige Hoffnung, die sie in diesem Kampf haben, ist ein Lied ...

Die Printfassung enthält exklusives digitales Bonusmaterial (Augmented Reality, AR) zum Entdecken.

Alle Bände der »Wayfarer«-Saga:
Das Lied der Nacht
Das Flüstern des Zwielichts
Der Klang des Feuers

C.E. Bernard ist das Pseudonym von Christine Lehnen, die 1990 im Ruhrgebiet geboren wurde und seitdem in Kanada, den Vereinigten Staaten, Australien und Paris gelebt hat. Sie studierte die Fächer English Literatures and Cultures und Politikwissenschaft, seit 2014 lehrt sie Literarisches Schreiben an der Universität Bonn. Daneben promoviert sie an der University of Manchester über Neuerzählungen des Trojanisches Krieges, erwandert das Siebengebirge und mentoriert zukünftige Talente für PAN e. V. Ihre Kurzgeschichten wurden mit den Literaturpreisen der Jungen Akademien Europas und der Ruhrfestspiele Recklinghausen ausgezeichnet, ihre Romane waren für den RPC Fantasy Award und den Lovelybooks-Leseraward nominiert. IhrePalace-Sagaund derWayfarer-Sagaschrie Christine Lehnen auf Englisch - diese beiden auf Deutsch erschienenen Reihen wurden ins Deutsche zurückübersetzt.

1 –Das Massaker am Pass

Das Massaker am Pass

Sie waren überall heutzutage, die Fremden.

Da war man sich einig im Tal von Schur, tief versteckt zwischen den hohen, zerklüfteten Bergen. Natürlich konnten die Leute damit nicht ihr eigenes Tal meinen. Hier gab es nur sehr wenige Fremde, kaum jemanden von außerhalb, seien es Kaufleute, Reisende oder Entwurzelte. Vor allem jetzt im Winter, wo der Pass im Norden durch den Schnee abgeriegelt war und die Höhlen im Süden von den Soldaten des Barons. Niemand reiste mehr über die Straße zwischen dem Nördlichen Pass und dem Südlichen Tunnel.

Niemand außer ihm.

Die Dämmerung senkte sich bereits herab, als der Wanderer den Grauen Pfad hinaufkam, jene einst so stolze, mit blütenweißem Stein gepflasterte Straße, die heute kaum mehr war als ein Schotterweg. Ein Mann, dem man wohl keinen zweiten Blick geschenkt hätte, wäre er nicht so groß gewesen und hätte er nicht eine so außergewöhnliche Stute am Zügel geführt – schwarz wie die Nacht war ihr Fell mit einem rötlichen Glanz. Doch selbst seine Größe, selbst sein prachtvolles Reittier, selbst das leicht beunruhigende Grau seiner Augen, schimmernd wie das Meer an einem trüben Morgen, wäre wohl nicht weiter aufgefallen, wenn er nicht leise vor sich hin gesungen hätte, während er ging: eine altbekannte, sonst so fröhliche Melodie. Traurig klang sie aus seinem Mund, traurig und wundervoll zugleich. Er war der einzige Fremde, dem man hier im Tal begegnen konnte, er und seine Gefährten. Den Vagabunden nannte man ihn im Tal, denn er war auf unbekannten Wegen gereist, hatte Berge erklommen und Meere durchkreuzt, von denen man im Tal kaum zu träumen wagte. Er war der Einzige, der selbst im Winter den Pass überwand, der Einzige, der beide Meere gesehen hatte, das im Norden und das im Süden, auch wenn niemand im Tal von Schur sich wirklich sicher war, ob es so etwas wie ein Meer überhaupt gab. Seine Abenteuer waren Legenden, um ihn rankte sich so manche Geschichte. Und Geschichten begegnete man in diesem Tal mit äußerster Vorsicht.

Seinen wahren Namen kannten sie nicht. Für die Leute war er einfach nur ein Reisender mit einem Schwert, das eines Königs würdig gewesen wäre. Einem Schwert, das er nur zog, wenn es absolut unumgänglich war. Seine Schritte waren schwer, die Schultern gebeugt. Die Erschöpfung hatte von ihm Besitz ergriffen, war bis tief in seine Knochen gedrungen, hatte sich wie ein dicker, stumpfer Dolch in seine Muskeln gebohrt.

So erreichte er schließlich die Alte Wegscheide, an der einst der höchste Lampenturm des Tals gestanden hatte. Stark und unverwüstlich war er gewesen, aus weißem Stein aus dem Süden erbaut. Nun passierte der Vagabund nur noch eine Ruine, brüchige, unter dem Schnee verstreute Steine. Hier wandte er sich ab und betrat den Wald, wo er einem Pfad folgte, der sich nur jenen zeigte, die genau wussten, wo er sich befand.

In diesem Moment geschah es.

In diesem Moment erhoben sich die Schatten.

Noch bemerkte es niemand. Nicht die einfachen Dorfbewohner, die gerade die Lampen löschten und Türen und Fenster verriegelten. Nicht der Herr über dieses Tal, der Baron, in der höchsten Kammer seiner Festung, wo das Zwielicht durch zwölf schmale Schießscharten fiel, zwölf fahle Streifen auf seinen Körper zeichnete, während er zusah, wie sich die Nacht über das Land legte. Nicht der Wanderer und seine Stute unten im Wald, angetrieben vom schwindenden Licht ringsum, auch wenn die Erschöpfung an seinen Knochen nagte und an seinen Muskeln schabte.

Angetrieben von dem Wunsch, nach Hause zu kommen.

Immer schneller raubte die Nacht dem Himmel seine Farben, immer schneller eilte der Wanderer den Pfad entlang. Er konnte spüren, wie die Dunkelheit auf seine Brust drückte, wie die Berge immer näher heranrückten. Und als die Dämmerung endgültig schwand, tauchte kein einziger Stern am Himmel auf, kein silbriger Mond stieg über den Horizont. Nur undurchdringliche Dunkelheit legte sich über den halb