: Harlan Coben
: Kein böser Traum Roman
: Goldmann
: 9783641084387
: 1
: CHF 8.00
:
: Spannung
: German
: 416
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Grace Lawson will nur die Schnappschüsse vom letzten Familienausflug durchsehen, als plötzlich ihr ganzes bisheriges Leben aus den Fugen gerät. Denn ein Foto passt nicht zu den übrigen, es scheint vor ungefähr 20 Jahren aufgenommen worden zu sein und zeigt lauter Unbekannte - bis auf eine Person: ihren Ehemann Jack. Dann verschwindet Jack, und alle Spuren führen Grace an einen Ort, den sie nur aus ihren bösen Träumen kennt ...

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in 45 Sprachen übersetzt, erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten und wurden zu großen Teilen verfilmt. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde - dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award -, gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Familie in New Jersey.

Scott Duncan saß dem Killer Auge in Auge gegenüber.

In dem fensterlosen, gewitterwolkengrauen Raum lastete verlegene Stille, jenes gespannte Verharren unter Fremden, wenn keiner weiß, wie die Musik spielen wird und welcher Tanz beginnt. Scott eröffnete versuchsweise mit einem neutralen Nicken. Der Killer, ziemlich auffällig in orangeroter Anstaltskleidung, fixierte ihn ausdruckslos. Scott verschränkte die Hände und legte sie auf den Metalltisch. Der Killer – die Polizeiakte wies ihn als Monte Scanlon aus, wobei man sicher ausschließen konnte, dass dies sein richtiger Name war – hätte es ihm ohne Fußketten und Handschellen möglicherweise gleichgetan.

Warum, fragte sich Scott zum wiederholten Mal, bin ich eigentlich hier?

Als Staatsanwalt war er ausschließlich für Korruption in der Politik zuständig gewesen – eine florierende Schattenwirtschaft in seinem Heimatstaat New Jersey –, bis dann vor drei Stunden dieser Monte Scanlon, ein Henkersknecht wie kaum ein zweiter, unverhofft sein langes Schweigen gebrochen und als Erstes eine Bedingung gestellt hatte.

In der Tat: eine Bedingung.

Ein Vier-Augen-Gespräch mit dem stellvertretenden Staatsanwalt Scott Duncan.

Aus einer ganzen Reihe von Gründen ein ungewöhnlicher Vorgang. Erstens war ein Killer kaum in der Position, Bedingungen zu stellen. Zweitens war Scott ihm nie zuvor begegnet, noch hatte er von Monte Scanlon auch nur gehört.

Scott beendete das Schweigen. »Sie wollten mit mir reden?«

»Richtig.«

Scott nickte und wartete auf mehr. Es kam nichts. »Und? Was kann ich für Sie tun?«

Monte Scanlon starrte ihn weiter unverwandt an. »Wissen Sie, weshalb ich hier bin?«

Scott sah sich im Raum um. Abgesehen von Scanlon und seiner Person waren vier Leute anwesend. Linda Morgan, die Bundesstaatsanwältin, lehnte betont lässig an der Wand. Hinter dem Häftling standen zwei Muskelprotze, geklonte Schränke in Wärteruniform. Scott kannte die aufgeblasenen Typen, hatte die heitere Abgeklärtheit erlebt, mit der sie ihren Job erledigten. Heute allerdings, angesichts dieses mit Fußeisen und Handfesseln ruhig gestellten Häftlings, waren sogar sie nervös. Scanlons Anwalt, vom Typ »Wiesel«, der den Geruch billigen Eau de Colognes verströmte, vervollständigte den flotten Vierer. Alle Blicke ruhten auf Scott.

»Sie haben Leute umgebracht«, antwortete Scott. »Und zwar ’ne ganze Menge.«

»Ich war, was man landläufig einen Auftragskiller nennt. Ich war« – Scanlon legte eine Kunstpause ein – »ein Mörder, den man mieten konnte.«

»In Fällen, mit denen ich nichts zu tun hatte.«

»Richtig.«

Scotts Vormittag hatte noch leidlich normal begonnen. Er hatte eine Zeugenvorladung für einen Müllabfuhr-Unternehmer aufgesetzt, der den Bürgermeister einer Kleinstadt schmierte. Reine Routinesache. Ein alltäglicher Vorgang im Gartenstaat New Jersey. Das war – wie lange her? Eine? Eineinhalb Stunden? Jetzt saß er an einem im Fußboden fest verankerten Tisch einem Mann gegenüber, der – nach Linda Morgans grober Schätzung – etwa einhundert Mitbürger kaltblütig ins Jenseits befördert hatte.

»Warum also ich?«

Scanlon wirkte wie ein alternder Playboy, jener Männertyp, der in den Fünfzigern problemlos als Galan von einer der Gabor-