: Ulrich Greiner
: Anne Hamilton
: Dienstboten Von den Butlern bis zu den Engeln
: zu Klampen Verlag
: 9783866749603
: zu Klampen Essays
: 1
: CHF 9.40
:
: Essays, Feuilleton, Literaturkritik, Interviews
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dienstleistungen gibt es zuhauf, wir leben in einer Servicegesellschaft. Aber Dienstboten? Man kennt sie aus Historienfilmen, aus Fernsehserien wie »The Crown« und »Downton Abbey«. Ihr prominentester Vertreter ist der Butler, ohne den viele englische Romane nicht auskämen. Doch das Wort »Dienstbote« hat, anders als der Postbote oder der Pizzabote, einen altmodischen Klang. Dienstboten gibt es nicht mehr. Oder doch? Wie soll man die zahllosen Menschen nennen, die eine ungeliebte, meist schlecht bezahlte Arbeit verrichten? Ulrich Greiner wirft einen Blick auf den gegenwärtigen Umgang mit Dienstleistungen und kontrastiert diesen Befund mit vergangenen Formen aristokratischer und später auch bürgerlicher Repräsentation. Er widmet sich der Prachtentfaltung an irdischen Höfen, um darüber zu sinnieren, wie davon einst die Vorstellung vom Kosmos der himmlischen Heerscharen geprägt wurde. Denn sind nicht auch die Engel - in einem umfassenderen Sinn - Dienstboten?

Ulrich Greiner, geboren 1945, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft als Feuilletonredakteur bei der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. 1980 wechselte er zur »Zeit«, wo er von 1986 bis 1995 das Feuilleton leitete. In den Jahren 1998 bis 2009 war er dort Verantwortlicher Redakteur des Ressorts Literatur. Er lehrte als Gastprofessor u. a. in Hamburg, St. Louis, Essen und Göttingen. Der Hamburger Freien Akademie der Künste stand er von 2011 bis 2020 als Präsident vor.

4. Den Butler gibt es immer noch, nicht allein im Film


DER Butler! Ich kenne ihn nur aus zahllosen englischen Romanen, zu deren Inventar er unweigerlich gehört. Bildhaft anschaulich wurde er mir zum ersten Mal in der Verfilmung des RomansThe Remains of the Day des englischen, in Japan geborenen großartigen Schriftstellers Kazuo Ishiguro(Was vom Tage übrig blieb, 1990). Die Verfilmung kam unter der Regie von James Ivory 1993 heraus. Anthony Hopkins spielte darin die Hauptrolle, den Butler. Und dann begegnete mir der Butler Carson (gespielt von Jim Carter), der alle 52 Folgen der FernsehserieDownton Abbey bis zum Ende heroisch durchhält. Carson trägt übrigens den Vornamen Charles, wird aber von seinem Chef, dem Lord Grantham, immer nur »Carson« genannt, von den Dienstboten natürlich »Mr. Carson«.

Die Geschichte spielt in den Jahren 1912 bis 1925. Schauplatz ist Highclere Castle in Hampshire, ein mächtiger, an den Rändern leicht bröckelnder Bau im Stil der Neorenaissance. Es versteht sich, dass es in diesem Haus eine Gesellschaftupstairs und einedownstairs gibt. Oben herrschen Lord Grantham (Robert) mitsamt Lady Grantham (Cora) und ihren drei Töchtern Mary, Edith und Sybill. Chef der Bediensteten – darunter mehrere Kammerdiener und Zofen sowie Köchin und Küchenmädchen – ist Carson. Wie viele sind es? Meiner Schätzung nach sitzen unten im Aufenthaltsraum meistens etwa zehn Dienstboten. Man wird noch die in den Stallungen und in der Gärtnerei Beschäftigten hinzuzählen müssen, so dass man vermutlich auf zwanzig oder etwas mehr käme. In seiner wissenschaftlichen StudieDer Diener zitiert Markus Krajewski eine Quelle, derzufolge die niedrigen Adligen mit zehn bis zwanzig Leuten auskommen mussten, während der Hochadel bis zu 120 Dienstboten beschäftigte. An den Fürstenhöfen umfasste das Personal oft mehrere tausend Personen.1

Die Zahlen beziehen sich auf das 18. und 19. Jahrhundert. Man sieht, dass sich das Haus Downton Abbey zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon im Abstieg befindet. In der Tat werden wir immer wieder Zeuge von Gesprächen über finanzielle Probleme, und der Lord kann nicht umhin, die Zahl der Beschäftigten zu verringern. Infolgedessen kommt Carson in Schwierigkeiten. Er muss, um seine Autorität zu wahren, nach Möglichkeit verhindern, dass der gewohnte Standard unterschritten wird.

Die Sphären der Herrschaft und der Dienerschaft sind strikt voneinander getrennt. Als einmal in einer personellen Notlage das Küchenmädchen Daisy sich anheischig macht, eine zu spät fertig gewordene Speise nach oben zu tragen, wird sie scharf zurechtgewiesen. Sie steht in der Rangordnung so weit unten, dass sie oben nicht sichtbar werden darf. Lediglich die gehobene, in schwarze Livrees gekleidete Dienerschaft darf beim Servieren anwesend sein.

Die Trennung der Sphären gilt für beide Seiten. Lady Cora, amerikanischer Herkunft und in diesem Punkt etwas nachlässig, taucht einmal unvermittelt im Aufenthaltsraum der Dienstboten auf und schnappt eine unfreundliche, nicht für ihre Ohren bestimmte Bemerkung auf. Scharf weist sie auf den gebotenen Respekt hin. Carson vermittelt und bietet eine Entschuldigung an. Als Cora zufriedengestellt verschwunden ist, macht der Kammerdiener Thomas seiner Empörung Luft. Es gehöre sich nicht, dass Ihre Ladyschaft unangemeldet unten erscheine. Unter sich hätten die Diener das Recht zu reden, wie es ihnen beliebe.

Hier deutet sich schon an, was im Verlauf der Serie immer deutlicher wird: Die ständischen und die klassenspezifisc