: Volker Klimpel
: Chirurginnen
: Dr. R. Kaden Verlag GmbH& Co. KG
: 9783942825887
: 1
: CHF 21.30
:
: Allgemeines
: German
: 188
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Frauen war es Jahrhunderte lang verwehrt, ärztlich und erst recht chirurgisch tätig zu sein. Sie mussten in Vergangenheit und Gegenwart viele Zurücksetzungen erfahren und brachten häufig persönliche Opfer, um gleichberechtigt mit ihren Kollegen zu sein. Der Chirurg Volker Klimpel beschreibt in seinem Buch erstmals ausführlich die wechselvolle Geschichte der weiblichen Emanzipation auf diesem Gebiet. Zugleich portraitiert er über 100 Chirurginnen von der Antike bis in die Neuzeit und erweist ihnen so die längst zustehende Reverenz.

Dr. med. habil. Volker Klimpel (*1941) hat nicht nur viele Jahre als Chirurg gewirkt, sondern sich auch mit über 100 medizinhistorischen Einzelarbeiten zur Geschichte der Chirurgie, Literatur, Medizin und der sächsischen Medizingeschichte mit ihrer Metropole Dresden einen Namen gemacht. Viele seiner Beiträge sind in der Zeitschri ft Chirurgische Allgemeine erschienen. Als passionierter Medizinhistoriker hat er sich ausführlich mit der Geschichte seines medizinischen Fachgebietes beschä igt, wie er in aktuell 16 Büchern dokumentiert hat. Seit 2008 ist er Mitautor beim Biographischen Lexikon zur Pflegegeschichte.

Vorgestern

Beginnen wir mit dem aus der Antike stammenden Symbolzeichen für die Frau. Es ist das Pallas-Zeichen und steht für Pallas Athene, die Göttin der Klugheit und Beschützerin der ärztlichen Kunst. Aber es steht auch für Feuer und Schwefel, für die Kampfeskunst und Kampfeslust … Die Vorstellung, die Frauen seien „das schwache Geschlecht“ und zu nichts anderem zu gebrauchen, als Beeren zu sammeln, zu kochen und Kinder zu gebären, ist im wahrsten Sinne des Wortes steinzeitlich – und falsch. Wann genau in der tiefen dunklen Vergangenheit die des Sammelns, Jagens, Holzfällens und Nähens kundigen Frauen sich um die schwangeren und gebärenden Geschlechts­genossinnen oder um die Jagdverletzungen der Männer kümmerten, wissen wir nicht. Erst mit der Erforschung der alten Kulturen, sei es im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris oder sei es in jener Epoche, die wir landläufig als Antike bezeichnen, sind Dokumente und Sachzeugnisse über Ärztinnen überliefert. Dank archäologischer Forschungen wissen wir einiges über die Ärztinnen der Antike im weitesten Sinne und die Ausübung ihres Berufes. Bodenfunde, Grabreliefs und vor allem Grabbeigaben belegen das Wirken früher Ärztinnen, Zahnärztinnen, Chirurginnen und Hebammen. Sie machen diese als Personen fassbar und namhaft.

Zeichen der Pallas Athene, später in runder Form Symbol der Weiblichkeit.

Die ältesten Zeugnisse für Frauen im Arztberuf gehen auf das 4. Jahrhundert vor Christi Geburt zurück. Auf einem Grabrelief in dem kleinen Ort Menidi in Attika finden sich, etwa zur Zeit Alexander des Großen (356–323 v. Chr.), Name und Darstellung der Ärztin und Hebamme Phanostrate, umgeben von Kindern [74]. Um 100 v. Chr. besitzen die heilkundigen Frauen ihre eigene Berufsbezeichnung: iatriné, Ärztin (im Gegensatz zum männlichen iatrós, dem Arzt). Ein anderes Grabrelief ungefähr aus der gleichen Zeit zeigt die Ärztin Mousa mit einer Buchrolle in der Hand, ein Hinweis darauf, dass sie ihr Wissen durch Studium erworben hat [68]. Sogar eine römische Kaiserin soll Ärztin gewesen sein: Livia Drusill (58 v. Chr.–29 n. Chr.). Töchter von Ärzten und selbst Ärztinnen waren ferner Pantheia aus Pergamon und Antiochis von Tlos. Letztere wird noch Jahrhunderte später von Galen (130–210 n. Chr.) erwähnt (S. 197 [68]). „Chirurginnen gab es bei den Römern schon im 1. Jahrhundert [unserer Zeitrechnung]“, so der Archäologe Ernst Künzl (*1939) in einer seiner zahlreichen Arbeiten zum Thema [73]. Rasiermesser, Skalpelle, Sonden, Zangen, Nadeln, Schröpfköpfe, Löffel, Salbenplatten und anderes mehr, meistens aus Frauengräbern, legen Zeugnis ab von vielfältigen chirurgischen und geburtshilflichen therapeutischen Ak