: Sigrid Grabner
: Im Auge des Sturms Gregor, der Große - Eine Biografie
: EDITION digital
: 9783965216525
: 1
: CHF 6.40
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 278
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was können eigentlich Biografien, also Lebensbeschreibungen, leisten? Im besten Falle wohl vor allem zwei Dinge - Lesern einen Menschen näherbringen, von dem sie vielleicht außer seinem Namen (oder natürlich auch ihrem Namen) nichts kannten, und ein Bild der Zeit liefern, in der die oder der Dargestellte gelebt, gewirkt und auch geliebt hat. Manchmal allerdings ist die Entfernung zwischen dieser Lebens- und Wirkungszeit und der Gegenwart sehr groß und eine doppelte Herausforderung für den jeweiligen Biografen oder wie in diesem Falle die jeweilige Biografin. So muss man zum einen möglichst viel über die Person und seine Zeit herausfinden und zum anderen dieses Herausgefundene möglichst informativ und vergnüglich weitergeben. Bei 'Gregor, dem Großen' beträgt die eben angesprochene zeitliche Entfernung knapp anderthalb Jahrtausende oder exakt 1482 Jahre, wenn man von dem Jahr seiner Geburt 540 ausgeht, oder exakt 1418 Jahre, wenn man vom Jahr seines Todes 604 ausgeht. Dazwischen lagen Jahre, während der der Sohn eines uralten römischen Adelsgeschlechts, der nach einer gründlichen rhetorischen und juristischen Ausbildung bereits mit 30 Jahren auf den Posten des Stadtpräfekts von Rom (Praefectus urbi) und damit auf einen Gipfelpunkt seiner weltlichen Karriere gelangte, sich den Beinamen der Große verdiente. Zunächst jedoch vertauschte er sein voriges abenteuerliches Leben mit einer einfachen Klosterzelle. Schon bald darauf begann seine zweite, kirchliche Karriere, während der er sich seinen, bis heute von großem Respekt zeugenden Beinamen erwarb - als Papst Gregor I. (590 bis 604), der sich als 'Mönchspapst' Servus servorum dei also 'Diener der Diener Gottes' nannte - bis heute Bestandteil der päpstlichen Titulatur. Als ihre große Biografie erschien, war der Deutsche Benedikt Papst. Und Sigrid Grabner schrieb: Gregors jetziger Nachfolger auf dem Stuhl Petri, Papst Benedikt XVI., nimmt dessen oft verwendetes Bild vom Leben als einer Fahrt in einem löchrigen Boot auf wild bewegter See auf, wenn er in der Enzyklika 'Spe salvi' (Durch Hoffnung gerettet) schreibt: 'Menschliches Leben bedeutet Unterwegssein. Zu welchem Ziel? Wie finden wir die Straße des Lebens? Es scheint wie eine Fahrt auf dem oft dunklen und stürmischen Meer der Geschichte, in der wir Ausschau halten nach den Gestirnen, die uns den Weg zeigen. Die wahren Sternbilder unseres Lebens sind die Menschen, die recht zu leben wussten. Sie sind Lichter der Hoffnung.' Gregor gehört zu ihnen.

Am 29.10.1942 in Tetschen-Bodenbach geboren, ab 1947 in Merseburg. Nach dem Abitur in Halle und einjährigem Praktikum in der Landwirtschaft studierte sie von 1962-1967 an der Berliner Humboldtuniversität Kulturwissenschaft und Indonesienkunde, 1972 Promotion. Seit 1972 freischaffende Schriftstellerin. Sie lebt in Potsdam, war mit dem Schriftsteller und KZ-Überlebenden Hasso Grabner verheiratet und hat zwei Kinder. 1992 Ehrengast der Villa Massimo 2000 Stipendiatin im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf
Rom hatte sich kaum verändert. Der erste Weg nach seiner Rückkehr führte Gregor zur Mutter. Er hatte sich oft bang gefragt, in welchem Zustand er sie wohl antreffen würde. Ihre kurzen Briefe waren gleichbleibend zuversichtlich gewesen, meistens bestanden sie aus Segenswünschen für den Sohn. Silvia schien in den vergangenen Jahren nicht gealtert zu sein. Ihr volles Haar wies nur wenige graue Strähnen auf, sie bewegte sich rasch und anmutig. Nach wie vor lebte sie in ihrer Klause auf dem Kleinen Aventin. Sie verrichtete alle Arbeiten in der Küche und im Gärtchen, speiste Arme, besuchte Kranke. In der Stadt nannte man sie den Engel der Armen. Im Kloster empfing man ihn überschwänglich wie einen lange verlorengeglaubten Sohn. Einige Brüder hatten inzwischen das Zeitliche gesegnet, neu hinzugekommene Mönche begrüßten Gregor erwartungsvoll. Die Jugendfreunde Peter und Maximian wollten ihn lange nicht aus ihrer Umarmung freigeben. Er war endlich wieder zu Hause. Nach der jahrelangen Abwesenheit fiel ihm der ruinöse Zustand Roms besonders schmerzlich auf. Doch die Einwohner schienen sich mit dem Niedergang abgefunden zu haben. Unbeeindruckt von der ständigen Bedrohung, unter der sie lebten, jagten sie nach dem täglichen Brot und hatten doch nicht verlernt, die Feste zu feiern, wie sie fielen. In ihren armseligen Kleidern unterschieden sich Einheimische und Flüchtlinge äußerlich kaum voneinander. Wenn Gregor am Ostufer des Tiber zwischen Marcellustheater, dem Fuß des Kapitols und entlang der heutigen Via Arenula durch jene Gegenden ging, auf die sich die Bevölkerung der Stadt konzentrierte, empfand er Wehmut und Zärtlichkeit. Hier gehörte er hin, nicht nach Konstantinopel. Ein Römer war er, wie der Bettler, der ihm die Hand entgegenstreckte, wie die Frau, die ihr Kind nährte, wie der Lastenträger am Hafen. Er war der Flüchtling aus Benevent, der Jude vor der Synagoge, der heimatlose Grieche, geborgen in dieser Stadt. Die den Mönch aus dem Kloster Sankt Andreas