: Adolph Knigge
: Über den Umgang mit Menschen
: Goldmann
: 9783641012212
: 1
: CHF 7.20
:
: Hauptwerk vor 1945
: German
: 475
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
'Es bedarf der Achtung der kleinen Dinge des Lebens, die den alltäglichen Umgang der Menschen untereinander erleichtern, weil sie getragen sind von der Achtung des anderen - und auch von Vorsicht und Rücksichtnahme, wie sie Adolph Freiherr von Knigge empfiehlt.' Ulrich Wickert
Der Klassiker der praktischen Lebensphilosophie, die zeitlos gültige Anleitung, 'wie der Mensch sich zu verhalten hat, um in dieser Welt und in Gesellschaft mit anderen glücklich und vergnügt zu leben und seine Nebenmenschen glücklich und froh zu machen'. (Knigge)

Adolph Freiherr von Knigge (*16.10.1752 in Bredenbeck, ?6.5.1796 in Bremen) studierte Rechtswissenschaften in Göttingen und hatte danach Hofämter in Kassel und Hanau inne. Ab 1780 privatisierte er und verdiente sein Geld als Schriftsteller, Rezensent und Übersetzer. Von 1780 bis 1784 war Knigge Mitglied des radikalaufklärerischen Illuminatenordens; in zahlreichen Schriften unterstützte er die Ziele der Französischen Revolution. Sein Werk »Über den Umgang mit Menschen« ist bis heute - wenn auch als Benimmfibel missverstanden - berühmt. Sein übriges Werk, Romane wie »Die Reise nach Braunschweig« (1792), Satiren wie »Des seligen Herrn Etatsraths Samuel Conrad von Schaafskopf hinterlassene Papiere« (1792), Theaterstücke und Essays, ist hingegen so gut wie vergessen.
Siebentes Kapitel (S. 234-235)

Über die Verhältnisse zwischen Herrn und Diener

1. Es ist traurig genug, daß der größte Teil des Menschengeschlechts durch Schwäche, Armut, Gewalt und andre Umstände gezwungen ist, dem kleinern zu Gebote zu stehn, und daß oft der Bessere den Winken des Schlechtern gehorchen muß. Was ist daher billiger, als daß die, denen das Schicksal die Gewalt in die Hände gegeben hat, ihren Nebenmenschen das Leben süß und das Joch erträglicher zu machen, diese glückliche Lage nicht ungenützt lassen?

2. Wahr ist es aber auch, daß die mehrsten Menschen zur Sklaverei geboren, daß edle, wahrhaftig große Gesinnungen und Gefühle hingegen nur das Erbteil einer unbeträchtlichen Anzahl zu sein scheinen. Lasset uns indessen den Grund dieser Wahrheit weniger in den natürlichen Anlagen als in der Art der Erziehung und in unsern durch Luxus und Despotismus verderbten Zeiten suchen. Durch sie werden eine ungeheure Menge Bedürfnisse erzeugt, die uns von andern abhängig machen.

Das ewige Angeln nach Erwerb und Genuß erzeugt niedrige Leidenschaften, zwingt uns zu erbetteln und zu erkriechen, was wir für so nötig zu unsrer Existenz halten, statt daß Mäßigkeit und Genügsamkeit die Quellen aller Tugend und Freiheit sind.

Bleiben nun die mehrsten Menschen stumpf für feinre Empfindungen und unfähig zu erhabenen, hohen Gesinnungen, so sind sie doch nicht alle unerkenntlich gegen großmütige Behandlung noch blind gegen wahren Wert. Rechne also weder auf die Zuneigung und Achtung noch auf freiwillige Folgsamkeit derer, die Dir unterworfen sind, wenn diese selbst fühlen, daß sie moralisch besser, weiser, geschickter sind als Du, daß Du nötiger ihrer bedarfst als sie Deiner, wenn Du sie mißhandelst, schlecht für wesentliche Dienste belohnst, die Schmeichler unter ihnen den graden, aufrichtigen, treuen Dienern vorziehst, wenn sie sich schämen müssen, einem Manne anzugehören, den jeder haßt oder verachtet, wenn Du mehr von ihnen verlangst,

als Du selbst an ihrer Stelle würdest leisten können, wenn Du Dich weder um ihr moralisches noch ökonomisches noch physisches Wohl bekümmerst, ihnen den Lohn ihrer Arbeit so sparsam zuteilst, daß sie verzweifeln oder Dich betrügen müssen oder wenigstens keine frohe Stunde haben können, wenn Du nicht Rücksicht nimmst auf ihren körperlichen Zustand, sie verstoßest, sobald sie alt und schwächlich werden, wenn Du ihnen wenig Ruhe und Schlaf erlaubst, wenn sie, indes Du schwelgst, in rauher Jahreszeit bis nach Mitternacht, vielleicht gar dem bösen Wetter bloßgestellt, auf Dich voll tötender Langeweile warten müssen, wenn Dein lächerlicher Hochmut ein Gegenstand ihres Spottes wird oder Dein Jähzorn sie mit Schimpfwörtern überhäuft, wenn sie mit aller Aufmerksamkeit kein freundliches Wort von Dir gewinnen können – Gradheit, Redlichkeit, wahre Menschenliebe, Würde und Konsequenz in unsern Handlungen zu zeigen, das ist, so wie überhaupt das sicherste Mittel uns allgemeine Achtung zu erwerben, so insbesondre geschickt, uns der Ehrerbietung und Zuneigung derer zu versichern, die von uns abhängen, uns oft ohne Schminke, in mancherlei Launen sehen, und gegen welche wir uns also schwerlich lange verstellen können.
Inhalt6
Vorrede zu dieser dritten Auflage8
Vorrede zu den ersten beiden Auflagen11
ERSTER TEIL16
Einleitung18
Allgemeine Bemerkungen und Vorschriften über den Umgang mit Menschen38
Über den Umgang mit sich selbst88
Über den Umgang mit Leuten von verschiedenen Gemütsarten, Temperamenten und Stimmungen des Geistes und Herzens94
ZWEITER TEIL140
Einleitung142
Von dem Umgange unter Menschen von verschiedenem Alter144
Von dem Umgange unter Eltern, Kindern und Blutsfreunden153
Von dem Umgange unter Eheleuten161
Über den Umgang mit und unter Verliebten188
Über den Umgang mit Frauenzimmern196
Über den Umgang unter Freunden215
Über die Verhältnisse zwischen Herrn und Diener235
Betragen gegen Hauswirte, Nachbarn und solche, die mit uns in demselben Hause wohnen244
Über das Verhältnis zwischen Wirt und Gast248
Über die Verhältnisse unter Wohltätern und denen, welche Wohltaten empfangen, wie auch unter Lehrern und Schülern, Gläubigern und Schuldnern253
Über das Betragen gegen Leute in allerlei besondern Verhältnissen und Lagen258
Über das Betragen bei verschiedenen Vorfällen im menschlichen Leben275
DRITTER TEIL290
Einleitung292
Über den Umgang mit den Großen der Erde, Fürsten, Vornehmen und Reichen294
Über den Umgang mit Geringern317
Über den Umgang mit Hofleuten und ihresgleichen322
Über den Umgang mit Geistlichen337
Über den Umgang mit Gelehrten und Künstlern342
Über den Umgang mit Leuten von allerlei Ständen im bürgerlichen Leben361
Über den Umgang mit Leuten von allerlei Lebensart und Gewerbe387
Über geheime Verbindungen und den Umgang mit den Mitgliedern derselben396
Über die Art, mit Tieren umzugehn401
Über das Verhältnis zwischen Schriftsteller und Leser405
Schluß410
Inhalt des ersten Teils414
Inhalt des zweiten Teils419
Inhalt des dritten Teils427
Nachwort434
Zeittafel zu Knigge463
Bibliographische Hinweise468