2: Alex
»Es ist wirklich schade, dass du nicht etwas Kommerzielleres schreibst; etwas, das eine breitere Leserschaft anspricht«, sagt Kendra und schiebt mir einen Din-A4-Briefumschlag über den Tisch zu. »Oder irgendwas, das du schneller fertig hast. Du schreibst sehr packend, aber hiermit bedienst du nur eine Nische.«
»Ich hab dir das nicht gegeben, um mir Marketing-Ratschläge einzuholen.« Missmutig gieße ich ein wenig Sahne in meinen Kaffee und rühre das Ganze um. »Ich wollte deine Meinung zur Handlung wissen.«
Die Kellnerin stellt Kendras Latte Macchiato vor ihr ab. Kendra hebt das Glas an ihre Nase und atmet den Duft des Kaffees ein. »Mmh, der riecht echt gut. Ich liebe den Kaffee, den sie hier machen.«
Ich sitze mit meiner Schwester im Café Presse, einem kleinen französischen Café im Capitol Hill District. In letzter Zeit treffen Kendra und ich uns fast jeden Samstag hier zum Mittagessen, wo sie mir Feedback zu meinem Roman gibt. Da sie Lektorin ist, hat sie wirklich Ahnung davon.
»Du lässt es schon wieder ausufern«, erklärt sie. »Bis einschließlich Kapitel zehn ist es wirklich gut, aber in Kapitel elf schweifst du ab, und ich habe keine Ahnung, wofür wir die Handlung da brauchen.«
»Das wird später noch wichtig«, entgegne ich. »Die Infos werden im Laufe der Geschichte wieder aufgenommen, glaub mir.«
Kendra verdreht die Augen. »Sag das mal den Lesern. Die werden Kapitel elf lesen und denken: Was soll das denn jetzt? Und dann schmeißen sie das Buch in die nächste Ecke. Du bist nämlich nicht da, um ihnen zu sagen: Das wird noch wichtig.«
Nachdenklich reibe ich mir über die Bartstoppeln an meinem Kinn und starre den Umschlag an. Wahrscheinlich hat sie recht. Eigentlich hat sie meistens recht. »Okay, verstehe. Dann überarbeite ich Kapitel elf noch mal. Vielleicht muss ich in Kapitel sieben ein paar Hinweise mehr einbauen.«
»Das könnte hilfreich sein«, befindet meine Schwester.
In diesem Moment kommt eine gut aussehende Blondine auf unseren Tisch zu. Ich schaue an Kendra vorbei, fange den Blick der Unbekannten auf und verziehe den Mund zu einem schiefen Lächeln. Die Blondine lächelt zurück, sieht dann jedoch weg und geht weite