: Fredrik Backman
: Die Gewinner Roman
: Goldmann
: 9783641266288
: Ein Björnstadt-Roman
: 1
: CHF 14.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 960
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Björnstadt ist eine kleine Stadt mitten im Nichts. Das Leben ist rau und einsam, die Menschen eint nur der gemeinsame Kampf gegen »die dort draußen« und ihre Leidenschaft für den Eishockeyclub. Zumindest bis zu jener katastrophalen Nacht vor zwei Jahren. Seitdem geht ein tiefer Riss durch die Gemeinschaft. Nun finden sich alle noch einmal zum großen Finale zusammen. Und während über dem Wald rund um das Städtchen ein gewaltiger Sturm aufzieht, müssen die Menschen sich fragen, was sie zu opfern bereit sind für ihre Stadt und ihre Familien. Denn Björnstadts Zukunft hängt an einem seidenen Faden ...

Fredrik Backman ist mit über 20 Millionen verkauften Büchern einer der erfolgreichsten Schriftsteller Schwedens. Sein erster Roman »Ein Mann namens Ove« wurde zu einem internationalen Phänomen; die Verfilmung mit Rolf Lassgård war für zwei Oscars nominiert, es gibt zudem ein Remake mit Tom Hanks. Auch Fredrik Backmans folgende Romane eroberten die obersten Ränge der Bestsellerlisten in Deutschland, Schweden, den USA und vielen anderen Ländern. Sein Werk wurde bisher in 46 Sprachen übersetzt und zu großen Teilen verfilmt. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Solna bei Stockholm.

Kapitel 2 
Stürme


»Keep it simple.« Das ist ein gewöhnlicher Ratschlag sowohl beim Eishockey als auch sonst im Leben. Mach die Dinge nicht komplizierter, als sie sein müssen, denk nicht zu viel nach, am besten gar nicht. Dieser Rat dürfte vielleicht sogar auch für Geschichten wie diese gelten. Eigentlich müsste sie schnell erzählt sein, denn sie beginnt jetzt und endet in weniger als zwei Wochen, und was sollte innerhalb dieser Zeitspanne in zwei Eishockeystädten schon passieren? Vermutlich nicht gerade viel.

Einfach nur alles.

Das Problem beim Eishockey wie auch sonst im Leben ist nämlich, dass die unkomplizierten Momente eher selten sind. Alle anderen sind ein Kampf. Diese Geschichte beginnt eigentlich gar nicht heute, sondern sie hat schon vor zwei Jahren begonnen, als Maya Andersson von zu Hause wegzog. Sie verließ Björnstadt in südlicher Richtung über die Nachbarstadt Hed. Die beiden Kleinstädte im Wald liegen so dicht beieinander, aber so weit von allen anderen entfernt, dass es ihr vorkam, als emigriere sie. Eines Tages wird Maya davon singen, dass Menschen, die so nahe der Wildnis aufwachsen, diese wahrscheinlich auch in ihrem Inneren spüren, was sich sowohl als Übertreibung als auch als Untertreibung herausstellen wird, denn fast alles, was über uns gesagt wird, ist entweder übertrieben oder untertrieben. Aber wenn du zu Besuch hierherkommen und dich zufällig in die Kneipe »Zum Bärenpelz« verirren solltest und du keine Ohrfeige verpasst kriegst, weil du dumm genug bist, die dortige Wirtin Ramona nach ihrem Alter zu fragen oder um eine verfluchte Zitronenscheibe in deinem Drink zu bitten, erklärt sie dir vielleicht etwas Wichtiges: »Hier im Wald sind die Leute abhängiger voneinander als in den Großstädten. Hier sind die Leute miteinander verbunden, ob sie wollen oder nicht, und zwar so fest, dass, wenn sich ein Idiot zu heftig im Schlaf herumwälzt, einem anderen Idioten am anderen Ende des Ortes das Nachthemd vom Leib rutscht.«

Willst du diesen Ort verstehen? Dann musst du die Verbindungen seiner Bewohner untereinander verstehen und wie alles und alle durch unsichtbare Fäden aus Beziehungen, Loyalität und Schuld miteinander verknüpft sind: die Eishalle und die Fabrik, die Eishockeymannschaft und die Politiker, die Tabellenplatzierungen und das Geld, der Sport und die Arbeitsplätze, die Jugendfreunde und die Mannschaftskameraden, die Nachbarn sowie die Arbeitskollegen und die einzelnen Familien. All das hat uns dazu veranlasst, zusammenzuhalten, um hier draußen zu überleben, aber es hat uns auch dazu verleitet, schreckliche Verbrechen aneinander zu begehen. Ramona wird dir nicht alles erzählen, niemand wird das tun, aber willst du es trotzdem verstehen? Wirklich verstehen? Dann musst du wissen, was uns in diese Situation gebracht hat.

Im Winter vor zweieinhalb Jahren wurde Maya auf einer Party von Kevin Erdahl vergewaltigt, dem besten Eishockeyspieler, den man bis dahin je in dieser Gegend gesehen hatte. Heute spricht natürlich niemand mehr das Wort »Vergewaltigung« aus, man sagt stattdessen Dinge wie »der Skandal« oder »das, was passiert ist« oder einfach »na ja ... du weißt schon«. Alle schämen sich, aber keiner kann vergessen. Die Verkettung der Ereignisse, die auf dieser Party ihren Anfang nahmen, führte letztlich dazu, dass politische Entscheidungen getroffen und Gelder von einer Stadt in eine andere verschoben wurden. Dies wiederum zog einen von schlimmem Verrat geprägten Frühling und Sommer nach sich,