: C. M. Spoerri
: Leon Glück trägt einen roten Pony
: Sternensand Verlag
: 9783906829784
: 1
: CHF 3.20
:
: Fantasy
: German
: 252
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ich bin Leon, dreiundzwanzig. Alles andere geht euch nichts an. Ihr wollt meine Geschichte lesen? Nun, wer einen Fantasyroman erwartet, den muss ich enttäuschen. Mein Leben ist definitiv kein Roman - auch mit noch so viel Fantasie nicht. Und selbst die Tatsache, dass eines Tages ein Geistermädchen auf meiner Türschwelle stand und mein Leben auf den Kopf stellen wollte, war alles andere als fantastisch. Okay, sie war ja nett anzusehen, mit ihrem roten Pony und den nussbraunen Augen. Aber ehrlich ... dieses ?Leon, Leon, du musst dein Leben ändern und dein Glück finden?-Gerede braucht keiner. Solltet ihr nun auf einen schnulzigen Liebesroman mit ?Und wenn sie nicht gestorben sind, dann knattern sie noch heute? hoffen, werdet ihr hier ebenfalls nicht fündig. Jetzt mal unter uns: Ihr wisst schon, dass das Leben kein rosaroter Ponyhof ist, oder? Warum ihr das Buch dennoch lesen solltet? Keine Ahnung. Mir egal. Ich weiß nur, dass ich mir einen Türspion anschaffen werde, denn der hätte mir diese ganze Geschichte erspart.

C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Ur-sprünglich aus der Klinischen Psychologie kommend, schreibt sie seit Frühling 2014 erfolgreich Fantasy-Jugendromane (?Alia-Saga?, ?Greifen-Saga?) und hat im Herbst 2015 zusammen mit ihrem Mann den Sternensand Verlag gegründet. Weitere Fan-tasy- und New-Adult-Projekte sind dabei, Gestalt anzunehmen.

Kapitel 1: Ich Troll - du Geistermädchen


Troll!

Selber Troll ;-)

Guck dich doch an, du Opfer!

Kein Wunder, hast du kein Profilbild. Wahrscheinlich hat die Kamera Selbstmord begangen, als sie ein Selfie von dir schießen sollte ;-)

Besser, als ein Vermögen für Shutterstock-Fotos auszugeben! ;-)

 

Ich hätte noch ewig mit HeinzKunoSchlumpf hin und her schreiben können. In der Disziplin des Users mit dem größten Durchhaltevermögen lief mir niemand den Rang ab. Ja, es bereitete mir regelrecht Genugtuung, all meine Aggressionen in Beschimpfungen, gespickt mit Zwinkersmileys (die nichts anderes als ein Synonym für meinen Mittelfinger darstellten), mit voller Ladung auf mir unbekannte Menschen abzufeuern.

Leider klingelte es in ebendiesem Moment an der Wohnungstür.

Ich warf einen Blick auf mein Handy und verzog den Mund zu einem teuflischen Grinsen. Na warte, noch war nicht das letzte Wort geschrieben. Ich hatte noch ein paar Provokationen parat und die würde ich dem Kerl nachher mit dem größten Vergnügen präsentieren.

Es klingelte erneut – anscheinend wollte jemand ganz dringend eine verpasst bekommen.

Knurrend erhob ich mich vom Sofa und schlurfte zur Tür. Es war früher Abend und ich gerade erst zu Hause angekommen, um meine Freizeit mit irgendeinem Schrott in der Glotze, Bier in der Hand und einem gediegenen Wortgefecht auf Facebook zu verbringen. Oder auch auf YouTube, Twitter … oder einem Blog oder Chatforum. Wahlweise auch gern mal bei Amazon, wo ich alles Mögliche schlecht bewertete – gekauft oder nicht gekauft.

Am meisten Unterhaltung brachten die Sensibelchen namens Autoren. Ich liebte es, sie mit schlechten Rezensionen so richtig zum Heulen zu bringen und sie an ihren Fähigkeiten, Wörter in der richtigen Reihenfolge zu tippen, zweifeln zu lassen. (Nein, ich las keine Bücher – ich war doch nicht bescheuert!)

Gelegenheiten gab es auf jeden Fall genug und meine Fantasie kannte keine Grenzen, wenn es um Provokationen ging.

Als ich die Tür öffnete, blickten mich zwei große braune Augen, verborgen unter einem roten Pony, an. Die Kleine hätte hübsch sein können, hätte sie mir nicht so unsicher ins Gesicht geglotzt und ihre Finger um ein Stück Papier geklammert, als wäre es ihr Rettungsring.

Ich erkannte innerhalb eines Lidschlags, dass sie kaum älter als zwanzig sein konnte und anscheinend für irgendeinen missionarischen Scheiß missionieren musste. So brav, wie sie angezogen war, ziemlich sicher für eine christliche Gebetsgruppe oder die Rettung der Welt, indem sie Katzenbabys an alte Menschen verschenkte.

Sah ich alt aus? Nein, ich war erst dreiundzwanzig.

Oder wie ein Christ? Keinesfalls. Auch wenn mein Look schon mal um einiges verwegener gewesen war als jetzt, so schrien meine schwarz gefärbten Haare, die Tattoos und der ›Leck mich am Arsch‹-Stil meiner Kleidung jeden regelrecht an, er solle mich in Ruhe lassen. Ich hatte meine eigene Religion. Meinen eigenen Willen.

Früher hatte ich noch einen auf dieses ›Lass mich, ich will nicht spielen, sondern beißen‹-Image draufgesetzt, indem ich mich mit anderen Jugendlichen umgab, die teilweise noch abschreckender als ich gekleidet waren. Irgendwann hatt