Das Schwimmen öffnet den Tag. Im Wasser sein jeden Morgen. Nur dann geht es, und fließend. Wird die Schwere an den Beckenrand gesaugt, bleibt da kleben. Elin setzt einen Fuß auf die Fliesen, spürt sie glatt und warm. Sie schaut auf die weiß geschrubbten Kacheln, die vier Stufen, die silberne Stange zum Festhalten, berührt sie nicht, schaut auf die bodentiefen Fenster, die beigefarbenen Liegen, die trüb durchsichtigen Plastikstreifen über der schmalen Schwimmverbindung nach draußen. In einer der Fugen ist ein kleiner Fleck, ein runder Tropfen, sie hat ihn dort hinfallen lassen vor ein paar Tagen. Lila Nagellack. Es ist ein Trostfleck, eine Versicherung. Dass es etwas gibt, von dem nur Elin weiß.
Das Schauen ist Teil des Ganzen, das Atmen auch. Die Luft gehört ihr, das Becken, der gesamte Pavillon. Wie makellos kann eine Wasseroberfläche sein. Der Chlorgeruch ist ihr Pawlow, die Muskeln entspannen sich, sie ahnen, was kommt. Nach Mineralien riecht es, nach dem Blubbern der Wassergeister, trägen Küssen, aufgeweichten Fingerkuppen mit Rillen und Hubbeln. Sie quellen nicht, sie schrumpfen, wie alles Schwere, Dunkle. Die Sonne ist um fünf Uhr aufgegangen, eine halbe Stunde später hat Elin sich aus dem Schlaf gestemmt mit dem Wissen, dass einer jetzt leise für sie die Tür aufschließt. Das Deckenlicht einschaltet und die Musik. Die sie noch nicht hören kann. Erst unter Wasser. Dass einer alles vorbereitet, die Tür anlehnt. Geöffnet wird das Bad in drei Stunden. Sie streift den Bademantel ab, lässt ihn fallen. Alles ist über Nacht getrocknet, jeder Abdruck nasser Zehen verblasst, sie darf die Erste sein, die Einzige.
Sechsunddreißig Grad. Eine Umarmung aus Wasser. Kein Unterschied zwischen ihrem Körper und der Flüssigkeit, die ihn umgibt. Jetzt lässt Elin die Luft aus den Lungen, geht langsam bis zur Mitte des runden Pools, lehnt sich zurück. Atmet ein, hebt die Beine, streckt die Arme aus. Und dann der Moment. Wenn das Wasser sie trägt, umfängt, hebt. Den Naturgesetzen zufolge sollte da kein Widerstand sein, sie sollte absinken, stattdessen bekommt sie eine neue Masse, das Wasser ist Elin und Elin ist da