: Mareike Fallwickl
: Und alle so still Roman | Der große feministische Gesellschaftsroman der Bestsellerautorin von 'Die Wut, die bleibt'
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644013384
: 1
: CHF 20.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein großer feministischer Gesellschaftsroman über Widerspruchsgeist und Solidarität  An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang zwanzig, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, neunzehn Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschubser und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte fünfzig, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint. Es ist der Beginn einer Revolte, bei der Frauen nicht mehr das tun, was sie immer getan haben. Plötzlich steht alles infrage, worauf unser System fußt. Ergreifen Elin, Nuri und Ruth die Chance auf Veränderung?

Mareike Fallwickl, 1983 in Hallein bei Salzburg geboren, lebt mit ihrer Familie im Salzburger Land. 2018 erschien Dunkelgrün fast schwarz. 2019 folgte Das Licht ist hier viel heller. Ihr Bestseller Die Wut, die bleibt war ein großer Erfolg bei Presse und Publikum. Die Bühnenfassung hatte im Sommer 2023 Premiere bei den Salzburger Festspielen. Mareike Fallwickl setzt sich für Literaturvermittlung ein, mit Fokus auf weiblichen Erzählstimmen. 

Freitag


ELIN


Das Schwimmen öffnet den Tag. Im Wasser sein jeden Morgen. Nur dann geht es, und fließend. Wird die Schwere an den Beckenrand gesaugt, bleibt da kleben. Elin setzt einen Fuß auf die Fliesen, spürt sie glatt und warm. Sie schaut auf die weiß geschrubbten Kacheln, die vier Stufen, die silberne Stange zum Festhalten, berührt sie nicht, schaut auf die bodentiefen Fenster, die beigefarbenen Liegen, die trüb durchsichtigen Plastikstreifen über der schmalen Schwimmverbindung nach draußen. In einer der Fugen ist ein kleiner Fleck, ein runder Tropfen, sie hat ihn dort hinfallen lassen vor ein paar Tagen. Lila Nagellack. Es ist ein Trostfleck, eine Versicherung. Dass es etwas gibt, von dem nur Elin weiß.

Das Schauen ist Teil des Ganzen, das Atmen auch. Die Luft gehört ihr, das Becken, der gesamte Pavillon. Wie makellos kann eine Wasseroberfläche sein. Der Chlorgeruch ist ihr Pawlow, die Muskeln entspannen sich, sie ahnen, was kommt. Nach Mineralien riecht es, nach dem Blubbern der Wassergeister, trägen Küssen, aufgeweichten Fingerkuppen mit Rillen und Hubbeln. Sie quellen nicht, sie schrumpfen, wie alles Schwere, Dunkle. Die Sonne ist um fünf Uhr aufgegangen, eine halbe Stunde später hat Elin sich aus dem Schlaf gestemmt mit dem Wissen, dass einer jetzt leise für sie die Tür aufschließt. Das Deckenlicht einschaltet und die Musik. Die sie noch nicht hören kann. Erst unter Wasser. Dass einer alles vorbereitet, die Tür anlehnt. Geöffnet wird das Bad in drei Stunden. Sie streift den Bademantel ab, lässt ihn fallen. Alles ist über Nacht getrocknet, jeder Abdruck nasser Zehen verblasst, sie darf die Erste sein, die Einzige.

Sechsunddreißig Grad. Eine Umarmung aus Wasser. Kein Unterschied zwischen ihrem Körper und der Flüssigkeit, die ihn umgibt. Jetzt lässt Elin die Luft aus den Lungen, geht langsam bis zur Mitte des runden Pools, lehnt sich zurück. Atmet ein, hebt die Beine, streckt die Arme aus. Und dann der Moment. Wenn das Wasser sie trägt, umfängt, hebt. Den Naturgesetzen zufolge sollte da kein Widerstand sein, sie sollte absinken, stattdessen bekommt sie eine neue Masse, das Wasser ist Elin und Elin ist da