: Nora Gomringer
: achduje
: Der gesunde Menschenversand
: 9783038530145
: edition spoken script
: 1
: CHF 16.10
:
: Lyrik
: German
: 152
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Einmal gibt es stillen Beziehungsabbruch infolge ausbleibender SMS: Sie wartet auf seine Antwort, er wendet sich von ihr ab und wieder seiner Familie zu. Einmal stimmt Nora Gomringer ein Lob der Mutter an oder erinnert in einer schnellen Revue an einen Bauernhof. Dazwischen unternimmt sie eine kleine Heimaterkundung. Und einmal lesen wir eine wunderbare Kinderverwirrgeschichte, an der ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn mitwirken, vier berühmte Freunde, aber hier in anderen Rollen. Nora Gomringer kann mit ihren Texten immer auch anders. Ihre sprachlichen Register sind stets wieder überraschend, die Vielfalt der Themen scheint unerschöpflich. Sie überwindet Gattungsgrenzen - von Lyrik über Prosa bis hin zu Hörspiel-Skript oder Opern-Libretto - und macht zum Sprachereignis, was nicht so leicht zu erzählen ist. Die wandlungsfähige Dichterin gehört zu den prägenden Stimmen der deutschsprachigen Spoken-Word- und Slam-Szene und wurde für ihre Werke mehrfach ausgezeichnet. In 'achduje' versammelt Nora Gomringer Texte, die geschrieben wurden, um gesprochen zu werden - und nun lassen sich diese lesen, als hörte man die Autorin.

Nora Gomringer (*1980) ist Schweizerin und Deutsche, schreibt Lyrik und fu¨r Radio und Feuilleton. Seit 2000 hat sie zahlreiche Lyrikbände und eine Essay-Sammlungen im Verlag Voland& Quist veröffentlicht. Sie rezitiert, schreibt und liest preisgekrönt vor. Unter anderem wurden ihr der Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache (2011) und der Joachim-Ringelnatz-Preis (2012) zugesprochen. Sie lebt in Bamberg, wo sie seit 2010 das Internationale Ku¨nstlerhaus Villa Concordia leitet.

Du hast
nichts
vom Ende
erzählt


Vorbei bin ich


 

22:38

Dich nicht anrufen. Das kostet viel mehr Kraft als dich anrufen. Meine Fingernägel gehen drauf beim Überlegen. Ich beiße sie ab. Das Geräusch ist schön endgültig, die Handlung fatal. Wie sage ich, was ich will?

 

22:44

SMS formulieren: would you like to share a conversation tonight? Eigentlich will man ja ganz andere Sachen schreiben. Von Weltende und Meteoriten und vom Handlungsbedarf JETZT und vom eigenen Wund-Sein. An allen Stellen, die ein Vergnügen mit dir hatten. Ekelhaft. Wo ist jetzt die Scheißnummer?

 

22:46

Vielleicht sollte ich dich doch einfach anrufen. Du sagtest, whenever you feel like it. Well, Mister, to set this straight: I ALWAYS feel like it. That’s my f++++ problem.

 

22:47

Von außen beobachten, wie man langsam dumm wird und immer dünner. Wirklich beides. Dumm, weil man stumpf wird im Kopf, und dünn, weil man spitz wird, die Knochen vom Nichts-essen-Wollen aus der Haut lugen. Schau mal, da, fühl mal, da. Ich bin gerade noch. Da. Es macht PING. Du Luzifer, immer, wenn deine Nachrichten eintreffen, leuchtet alles. Auch ich.

 

22:47:30

I really think you are wonderful. But she needs me. The children need me. I need them.

We should stop this.

 

22:50

22:51

22:53

Nix leuchtet. Sonnenfinsternis.

 

22:56

So hörte es sich an, wenn der Schrei von Munch ein Audiofile wäre. Und kein Bild.

Minutenlanges Kreischen, Brummen, Kreisen wie eine schwangere Frau kurz vor der Niederkunft. Hecheln. Tippen mit schnellen Spinnenfingern:

 

22:57

So this means you are ending it? Us? – Ich sehr stolz auf so viel Wille zur Konfrontation. Mit abgekauten Nägeln.

 

22:57:10

.

.

.

.

22:57:52

PING

 

22:59:56

I am sorry to write YES. I was really in love with you, maybe I still am. Somehow. But if I want to work right and live well, I need to be